DFB-Finale
Fan-Herzen schlagen für Fairness beim Fußball-Gottesdienst
Rita DeschnerKirchenpräsident Jung: „Menschen geht das Herz auf, wenn sie spüren: Hier geht es jetzt nicht ums Geld oder darum, um jeden Preis gewinnen zu wollen. Hier geht es um die Freude am Sport oder um Fairness und Gemeinschaft.“28.05.2017 rh Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Eintracht Frankfurt hat es ins DFB-Pokalfinale geschafft. Am Abend wird die Mannschaft gegen Borussia Dortmund um den goldenen Pokal in Berlin kämpfen. Damit könnte die Eintracht den ersten großen Titel seit fast 30 Jahren gewinnen. Für Eintracht-Fan Sophie aus Frankfurt ist klar: „Die Eintracht wird gewinnen, weil wir motiviert sind. Denn Dortmund kennt das schon, im DFB-Pokal-Finale zu stehen.“ Die 17-Jährige und ihr Vater Jörg hatten vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin auf den Einlass zum ökumenischen „DFB-Pokal-Final-Gottesdienst“ mit Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, und dem Trierer Weihbischof Jörg Michael Peters gewartet.
Eintracht- und BvB-Fans auf dem Breitscheidplatz
Inmitten zahlreicher BvB-Fans, für die sich traditionell am Breidscheid-Platz versammeln, fühlte sich Vater Jörg aber „relaxt“. Den Grund für die entspannte Atmosphäre nannten zwei Borussia-Dortmund Fans: „Hier auf dem Kirchentag hatten wir tolle Gemeinschaftserlebnisse, auch bei dem tollen Konzert gestern mit Siegfried Fiez.“ Und Siegfried Fiez ist im Hessen-Nassauischen zu Hause. Allerdings war für die beiden klar: „Dortmund gewinnt.“ Welcher Mannschaft Dr. Volker Jung, der Kirchenpräsident der EKHN die Daumen drückt, hat er während des Kirchentages in Berlin diplomatisch verraten: „Da muss man unterscheiden: die Rolle, die ich als Prediger habe - und das Fan-Herz. Da ist mir der hessische Fußballverein näher, obwohl ich den BvB auch sehr sympathisch finde.“ Denn die Predigt beim „DFB-Pokal-Final-Gottesdienst“ am Samstagvormittag, am 27. Mai 2017, in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche am Breidscheidplatz hat Volker Jung gehalten.
Fairness gehört ins Stadion
„Gottes Farben sind weder schwarz-gelb noch rot-weiß-schwarz! Und es wäre eben unangemessen zu beten: Gott, wenn es dich gibt, dann lass den BVB oder die Eintracht gewinnen“, hatte er den Gottesdienstbesucherinnen und -besuchern zu bedenken gegeben. Gott ließe sich nicht so für eigene Interessen und Zwecke einspannen.
In den ökumenischen Gottesdienst hatte der Weihbischof von Trier, Jörg Michael Peters, eingeführt. Der katholische Geistliche ist zugleich Sportbischof der Deutschen Bischofskonferenz.
Gebete im Fußball
In seiner Predigt nannte Jung als positives Beispiel für Gebete vor Spielen, etwa die Bitten um die Unversehrtheit der eigenen Mannschaft und auch die des Gegners. Dabei erwähnte er, dass dies zum Teil bereits Praxis sei: „Ein Trainer einer Bundesliga-Mannschaft wurde einmal in einem Gespräch gefragt, ob er weiß, wofür einige seiner Spieler vor dem Spiel beten: Ja, sagte er, wir haben mal darüber geredet.“ Und sie hätten gesagt, dass sie nicht um den Sieg beteten. Sie beteten dafür, dass sie eine gute Leistung bringen, dass sie sich nicht verletzten und sie auch ihre Gegner nicht verletzten. Anerkennend sagte Kirchenpräsident Jung: „Mich hat das ziemlich beeindruckt.“
„Nicht vergessen, dass viele Leute friedlich an den Spielen teilnehmen“
Der Gottesdienst stand unter dem Leitthema „Hass gehört nicht ins Stadion.“ Dabei handelt es sich um ein Zitat von Berti Vogts, das angesichts von immer wieder auftretender Gewalt bei Fußballspielen aktuell bleibt. Ein mitwirkender Polizist machte aber auch deutlich: „Wir sollten nicht vergessen, wie viele Leute friedlich bei Spielen teilnehmen, 70.000 Menschen werden im Stadion sein, darunter sind 1000 problematische Fans.“ DFB-Präsident Reinhard Grindel bestätigte, dass diejenigen, die Gewalt ausüben, ganz klar in der Minderheit seien. Allerdings berichtete er von einem neuen Phänomen, von paramilitärischen Einmärschen mit Kriegserklärungen. „Ich wünsche hier eine Diskussion unter den Fans“, wie man sich gut im Stadion verhalte. Ein Fanbetreuer versicherte, dass „wir als Fans den Gewaltverzicht propagieren.“
An Attentate erinnert
Weihbischof Jörg Michael Peters erinnerte daran, dass Menschen nicht nur mit Gefühlen der Freude hergekommen seien, sondern dass „alle Stimmungen, die menschliches Leben ausmachen, dabei sind.“ Vor dem Gottesdienst habe er den Ort des Gedächtnisses vor der Kirche gesehen, wo Menschen der Opfer des Anschlages im Advent auf dem Breidscheidplatz gedenken. Er sagte: „Ich habe Menschen beobachtet, die davor beten, sich erinnern.“ Er verwies auch auf den Anschlag auf den BvB-Mannschaftsbus: „Nicht nur Schwarz-Gelb war geschockt.“ Schließlich erinnerte der Weihbischof daran, dass kürzlich Papst Franziskus während der Audienz mit italienischen Mannschaften deutlich gemacht habe, dass jedes Spiel die Kraft habe, die Anhänger und jungen Leute zu prägen. „Vergesst die Menschlichkeit nicht, die Freude am Spiel“, so der Appell aus der katholischen Kirche.
Geld als Versuchung im Sport
Bei dem traditionellen Gottesdienst vor dem Endspiel sagte Kirchenpräsident Jung in seiner Predigt, dass das Geld zu den „großen Versuchungen“ im professionellen Fußball gehöre. „Mancher Spieler und viele, die für diesen Sport Verantwortung tragen, täten sicher gut daran, nicht nur auf das große Geld zu schauen“, so Jung. Der Sport sei dagegen auch eine „wunderbare Schule“, um für das Leben zu lernen. Jung: „Menschen geht das Herz auf, wenn sie spüren: Hier geht es jetzt nicht ums Geld oder darum, um jeden Preis gewinnen zu wollen. Hier geht es um die Freude am Sport oder um Fairness und Gemeinschaft.“
Am Gottesdienst beteilige sich außerdem der Pfarrer der Berliner Gedächtniskirche, Martin Germer, mit. Weiterhin waren dabei: DFB-Präsident Reinhard Grindel, DFB-Generalsekretär Dr. Friedrich Curtius, Fan-Vertreter sowie Vertreter der freiwilligen Helfer und der Polizei.
Eintracht unter Rivalen
Die Hessenschau hat auf ihrer Website berichtet, dass Joachim Löw den BvB als Favoriten sieht. Dennoch gestand der Bundestrainer zu: "Eintracht kann Dortmund auf jeden Fall wehtun." Doch auf dem Kirchentag kann die Rivalität leidenschaftlichen Fußball-Fans wie Dr. Steffen Bauer nichts anhaben. Vor dem Spiel hat der Leiter der Ehrenamtsakademie verraten: „Ich bin leidenschaftlicher BvB-Fan und werde an diesem Tag den Standdienst auf dem Kirchentag mit einem echten Eintracht-Fan teilen!“ Dann werden beide zum Stadion fahren.