Nachhaltig im Trend
Pfarrerinnen auf dem Laufsteg begeistern für faire Mode
M. SeidelStilsicher in die nächste Saison: Kirchliche Mitarbeiterinnen und ihre Kollegen präsentieren fair gehandelte Mode22.10.2014 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
transfair/ivn/fwfDiese Siegel signalisieren fair gehandelte Mode; von oben links: das bekannte Fairtrade-Siegel und die "fair wear foundation";von unten links: "IVN zertifiziert best" sowie das GOTS-Siegel
„Kleider machen Leute – zu welchem Preis?“ Das war Mitte Oktober die zentrale Frage bei dem Themenabend im Evangelischen Gemeindehaus Groß-Gerau. Die Moderatorin Heidi Förster hatte Gäste und Experten aus der Kleidungsbranche eingeladen zur Diskussion, die bewies: Faire Mode geht. Sogar stilbewusst, modern und figurbetont. Das zeigte die anschließende Modenschau mit kirchlichen Mitarbeitenden auf dem Laufsteg.
Ökologisch und fair
Die Pfarrerinnen und Pfarrer, Gemeindemitarbeiterinnen, ein ehemaliger Präses sowie Ehrenamtliche präsentierten unter anderem Mode der Marken hessnatur, werkstoff by Doris Laubner oder Soulid aus Darmstadt. Die regionalen Labels setzen bei ihren Kollektionen auf Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Standards. Konkret: Die Kleidung soll lange halten, keine Gifte enthalten und den Näherinnen ein würdiges Leben ermöglichen.
Orientierung im Modedschungel bieten Siegel, die für die Einhaltung von sozialen und ökologischen Standards vergeben werden, wie der GOTS (Global Organic Textile Standard). Besonders hohe Ansprüche hat der „Naturtextil IVN zertifiziert Best“.
Modemarken, die sich an nachhaltigen Standards orientieren:
- hessnatur
- Grüne Erde
- Waschbär
- armedangels
- Soulid
- … werkstoff by Doris Laubner
- manomama
- Onlineshop "Avocadostore"
- RiRaRot Kinderhausschuhe – Modemarke der Frankfurter Diakonie, die arbeitslosen Frauen eine Perspektive bietet
Persönlicher Einsatz für Lebenskleidung
Enrico Rima, einer der Teilnehmenden der Diskussionsrunde und Mitgründer der Berliner Marke „Lebenskleidung“, lässt nach Sozial- und Umweltschutzstandards produzieren. Wenn es nach ihm ginge, sollten in jedem Land Kleider unter menschenwürdige Arbeitsbedingungen hergestellt werden. „Lebenskleidung“ verkauft Stoffe an Modeproduzenten. Die Stoffe geben Rima und seine Kollegen vorher in Auftrag – in Ländern wie Bangladesch. Von den Produktionsstätten macht sich Rima selbst ein Bild: undercover schleuste er sich in eine Näherei ein, erregte dabei aber Misstrauen und geriet fast in ein indisches Gefängnis. Rima handelt nach seiner Überzeugung.
Als Umweltwissenschaftler hatte er anfangs keine Ahnung von Textilien. „Dass aber Menschen für unsere Kleidung verrecken“, könne er nicht akzeptieren. Seine ca. 3000 Kundinnen und Kunden bestätigen ihm, dass es ein Interesse an fairer Mode gibt.
Verbraucher sind gefragt, sonst bleibt "fair" unwahrscheinlich
Auch Modevertriebsleiter Zahir Kahn beteiligte sich auf dem Podium Er stellt in Polen Damen-Jacken und -Mäntel her. Er hält es dagegen für unwahrscheinlich, dass sich biologisch erzeugte Textilien durchsetzen. Seine 35-jährige Erfahrung bestätige ihm, dass Kundinnen und Kunden lieber zu den preisgünstigen Alternativen greifen. „Ein fairer Schuh, hergestellt in Portugal“, so Kahn, „hat sich nach zwei Jahren vergeblicher Bemühung nicht verkaufen können.“
Rima konterte. H&M-Marketing-Aktionen mit Bio-Kollektionen seien erfolgreich vom Markt angenommen worden – quasi Nachhaltigkeit als Modetrend.
Weil Gott nicht egal ist, was mit Näherinnen und Umwelt geschieht
Pröpstin Gabriele Scherle sagte, die Schöpfung zu achten sei nicht allein Sache des Einzelnen, sondern auch der Gemeinschaft. Gott sei es nicht egal, was mit der Erde geschehe. Daher wolle die Kirche den Menschen nahe bringen, dass es auch ihre Aufgabe sei, für die Natur und ihr Umfeld einzustehen. Scherles Auffassung nach dürfte es allerdings noch etwas dauern, bis sich faire Mode auf dem Markt durchsetze. Deshalb sei es eine wichtige Aufgabe der Evangelischen Kirche, aufzuklären und zu informieren.
Michael Seidel