Reformationsjubiläum 2017

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    Bibliothek Herborn

    Ein Stempel gab den Hinweis

    Becker-von Wolff

    Ein wertvolles Buch wurde vor vielen Jahren ausgeliehen - und kehrt nun nach 40 Jahren wieder in die Alte Bibliothek in das Schloss Herborn zurück. Und das nur, weil Pfarrer i.R. Jürgen Büchsel das Buch aus einem Bücherstapel zog und einen verblassten Stempel im Buch entschlüsseln konnte.

    Becker-von Wolff

    Ein wertvolles Buch von 1699 wurde vor vielen Jahren ausgeliehen - und kehrt nun nach über 40 Jahren wieder in die Theologische Bibliothek ins Schloss Herborn zurück.

    Pfarrer i.R. Jürgen Büchsel hat das Buch aus einem Bücherstapel in der Gemeindebibliothek in Bad Homburg gezogen und erst später dank eines verblassten Stempels im Buch das Theologische Seminar Herborn als eigentlichen Besitzer entschlüsseln können.


    Mit seiner Rückgabe ist die zweibändige Erstausgabe der Ketzerhistorie von Gottfried Arnold aus dem Jahr 1699 im Schloss Herborn wieder komplett. Sehr zur Freude von Studiendirektor Stefan Claaß und dem Bibliotheksteam um Leiterin Meike Lauer im Schloss Herborn.

    Was für eine Geschichte und eine glückliche Fügung: Pfarrer i.R. Jürgen Büchsel, der frühere Dekan aus Bad Homburg, hält ein dickes Buch von 1699 in seinen Händen. Er, der Ende der 1960er Jahre über Gottfried Arnold promoviert hat, legt das Buch „Ketzer“ von Gottfried Arnold (1666-1714) mit dem ledernden Einband vor sich auf den Tisch im Schloss Herborn.

    Das Buch war ein Zufallsfund unter einem Bücherstapel, sagt der Theologe, 400 Deutsche Mark hatte er seinerzeit für das Buch gezahlt. Nun ist es wieder in der Alten Bibliothek im Schloss Herborn und komplettiert dort den Bestand. Der heute 82jährige Jürgen Büchsel hat sich immer schon für Kirchengeschichte interessiert. In seinem Ruhestand hat er vor wenigen Jahren einen Briefwechsel von Gottfried Arnold übersetzt und herausgegeben.

    Bei einem Besuch seines früheren Professors für Kirchengeschichte Professor Steck habe er das Buch „Ketzer“ von Gottfried Arnold zu radikalen pietistischen Strömungen unter einem Bücherstapel in der Gemeindebibliothek der Christuskirche in Bad Homberg entdeckt. Der frühere Professor aus Frankfurt am Main hatte einen Teil seiner Bibliothek dort untergestellt, die er nach einem Umzug nicht mehr bei sich zuhause unterbringen konnte.

    Da der Pfarrer i.R. und frühere Dekan in Bad Homburg Jürgen Büchsel sich schon immer für pietistische Strömungen in der Kirchengeschichte interessierte, erwarb er das Buch „Ketzer“ von Gottfried Arnold für 400 Deutsche Mark. Dafür hat er eigens einen Antiquar nach seiner Beurteilung befragt.

    Das war 1981. Erst vor kurzem fiel ihm ein Stempelabdruck auf. Auf einer der vorderen Seiten ist ein kreisrunder Stempel zu sehen, die Schrift ist verblasst und nahezu unleserlich. Jemand sagte ihm, es könne ein Stempel vom Theologischen Seminar in Herborn sein. Mit seiner Anfrage dort kam die Übergabe ins Rollen.

    „Das empfinde ich schon als eine große Fügung, dass Pfarrer Jürgen Büchsel so absichtslos und zufällig auf eine Erstausgabe stößt, die da einfach so rumsteht, um es mal platt zu sagen“, sagt Meike Lauer von der Bibliothek im Herborner Schloss, „wir freuen uns sehr, dass er das wertvolle Buch eben der Bibliothek zurückgegeben hat“. Recherchen haben ergeben, dass die Erstausgaben von 1699 der Ketzerhistorie heute etwa 900 bis 1.300 Euro je nach Zustand kosten können. „Mittlerweile – und das ist auch nochmal besonders schön – ist der gefundene Erste Band hier bei uns in der Alten Bibliothek mit dem Zweiten Band wieder vereint“.

    Infos zum Hintergrund

    Gottfried Arnold wurde 1666 in Annaberg geboren, starb 1714 in Perleberg. Er studierte Theologie in Wittenberg, und war kurzzeitig von 1697-1699 Professor in Gießen. Anschließend lebte er in Quedlinburg und wirkte später als Schlosspfarrer in Allstedt und in Perleberg. Arnold war radikaler Pietist und kam dadurch in mancherlei Konflikte seiner Zeit. Ihm war die innere Glaubensüberzeugung wichtiger als äußere Angelegenheiten der Religion. Sein Ideal war die urchristliche Zeit in den Gemeinden. Die Kirchengeschichte beschrieb er als Zeit, in der dieser ideale Glaube mehr und mehr verfiel.

    Die Bibliothek des Theologischen Seminars Herborn ist eine theologisch-wissenschaftliche Spezialbibliothek und versteht sich als zentrale und öffentliche Dienstleistungseinrichtung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Sie stellt einen Buch- und Zeitschriftenbestand im Umfang von etwa 74.000 Bänden und 85 laufenden Zeitschriften allen Interessierten kostenlos zur Verfügung. Die Bibliothek am Theologischen Seminar Herborn besitzt große Literaturbestände aus den Bereichen Homiletik, Liturgik, Religionspädagogik, Seelsorge, Kasualien, Kirchenmusik, Kirchentheorie und Kirchenrecht.

    Die Alte Bibliothek umfasst etwa 3660 Bände mit knapp 8000 Titeln aus der Zeit der ehemaligen Herborner Hohen Schule. Diese kleine reformierte Hochschule bestand von 1584 bis 1817. Neben einigen Handschriften und 67 Inkunablen („Wiegendrucke“, also Buchdrucke aus der Anfangszeit des Buchdrucks, entstanden in der Zeit von 1454 bis 1500) finden sich viele Druckwerke aus dem 16. und 17. Jahrhundert: in seiner Geschlossenheit ein einmaliges Zeugnis reformierter Theologie und ein kostbares Juwel frühneuzeitlicher Buchkunst.

     

    » Unser Foto oben:
    Ein wertvolles Buch von 1699 kehrt in den Bestand der Alten Bibliothek zurück: Pfarrer i.R. Jürgen Büchsel (Bildmitte) überreicht den Ersten Band „der Kirchen-Ketzer-Historie“ zusammen mit seiner Frau Susanne (links) an Studiendirektor Stefan Claaß (2.v.r.) vom Theologischen Seminar Herborn. Das Bibliotheksteam von Leiterin Meike Lauer (2.v.l.), Isabella Hanstein und Bianca Pfeifer (rechts) konnten das Buch mit dem Zweiten Band zusammenführen.   FOTO: BECKER-VON WOLFF

     

     

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