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    Syrien-Konflikt

    Als Flüchtling im Taunus leben

    chpictures/istockphoto.comDas Kloster Saint Takla im syrischen Maluula

    Millionen Syrer sind auf der Flucht, allein in Deutschland haben 18.000 Flüchtlinge seit Kriegsbeginn Asyl beantragt. Auch im Taunus nehmen viele syrische Christen Angehörige auf, um ihnen eine friedliche Zukunft zu ermöglichen. Für Christina Hayat und Samuel Seyyal ist das selbstverständlich, aber nicht immer einfach.

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    Karsten FinkSie denken täglich an ihre Verwandten in Syrien

    Jeden Tag macht Samuel Seyyal* den Fernseher an und schaut Nachrichten über Syrien – in arabischer und deutscher Sprache. Seit rund 25 Jahren lebt er in Deutschland, trotzdem will er immer wissen, was in seiner Heimat passiert. Seine drei Brüder und eine Schwester leben mit ihren Familien noch dort – in Al-Malikiyah, Syrien, wenige Kilometer von der türkischen Grenze entfernt. Seine Eltern sind in der Türkei geboren. „Aus Angst vor Verfolgung ist mein Vater nach dem zweiten Weltkrieg nach Syrien gegangen “ , sagt er. Als Christ fühlte sich sein Vater in Syrien damals sicherer als in der Türkei. Die Dinge ändern sich: „Am Wochenende haben sie einfach die älteste Kirche der Welt zerstört“, klagt Samuel. Damit er die syrisch-islamischen Rebellen, die sich Anfang September in der christlichen Enklave Maluula befinden. 

    „Christen werden gezielt angegriffen“

    Samuel Seyyal ist überzeugter Christ, offen trägt er ein goldenes Kreuz auf der Brust. In Syrien, sagt er, würde er das Kreuz lieber verstecken. Der christliche Glaube ist ihm und seiner Familie wichtig. Dabei fühlen die beiden syrisch-orthodoxen Syrer ökumenisch: Seine Frau Christina Hayat* arbeitet in der evangelischen Kirche als Küsterin und über das Friedensgebet des katholischen Papstes sagt sie: „Es war so ein so schönes Gefühl, dass er für uns betet. So schön.“ Christina betet und fastet auch für ihren Bruder mit seinen sechs Kindern, für die Familie ihres Mannes und für alle Tanten, Onkel und Bekannten, die in dem Bürgerkriegsland ausharren.

    Angriffe auf Schulen

    Aber sie tut noch mehr: Drei junge Männer hat die Familie bei sich in der Wohnung aufgenommen. Gabriel Hayat*, Christian und Benjamin Adam* wollen studieren, ihren Abschluss in Wirtschaftswissenschaften oder als Ingenieur machen und arbeiten. In Syrien geht das nicht. „An der Uni gibt es seit einem Jahr keine Kurse mehr, auch in den Schulen nicht“, sagt Christina. Außerdem sei man dort nicht sicher. „Es werden Bomben auf Schulen geworfen. Warum tötet man Kinder und Alte, Menschen ohne Schuld?“ 

    Syrische Männer wollen lieber studieren als schießen

    Als Männer hatten die Neffen der beiden noch einen Grund, um ihr Leben zu fürchten: Normalerweise wird jeder junge Mann nach dem Abschluss der Ausbildung in Syrien zum Militär eingezogen. „Eigentlich nur für ungefähr zwei Jahre, aber wenn Krieg ist, dann eben so lange, bis der Krieg zu Ende ist“, erklärt Samuel.

    Über die deutsche Botschaft in Jordanien konnten sie die Jungen innerhalb von nur einem Monat nach Deutschland in ihre 3-Raum-Wohnung im Taunus holen. Manuel, Esther und Sarah, die drei fast erwachsenen Kinder der beiden, mussten ihre Zimmer mit den Cousins teilen, die Eltern übernehmen alle Ausgaben. „Wir sind eine Familie, das ist kein Problem“, sagt Christina. Sie gibt aber zu: „ Zu acht in der kleinen Wohnung, das ist schon ein bisschen schwierig.“ Das Geld erwähnt sie nicht, dabei hat ihr Mann vor kurzem seinen Job verloren. Die Ziegelei, in der er gearbeitet hat, wurde geschlossen.

    Erleichterte Einreise nur für Reiche

    Sie wollen weitere Verwandte aufnehmen: Eine Nichte von Samuel hat Chancen auf ein Studentenvisum. Auch seine drei Brüder möchten kommen, aber das ist nicht einfach. Denn die Bundesregierung hat zwar angekündigt, den Familiennachzug für syrische Flüchtlinge mit Verwandten in Deutschland zu erleichtern. Allerdings müssen die hier lebenden Syrer für sämtliche Unterhaltskosten der Angehörigen bürgen, sich also verpflichten, auf unbestimmte Zeit für Wohnung, Unterhalt und Krankenversicherung aufzukommen. Arbeiten und Geld verdienen dürfen die Asylsuchenden frühestens nach neun Monaten. Samuel und Christina verdienen dafür zu wenig. Auch wenn sie ihr letztes Hemd geben würden, zählt für die Behörden nur die Summe auf Christinas Gehaltszettel und Kontoauszügen.

    Arbeiten verboten

    Viele Syrer verkaufen ihre Grundstücke und Häuser, um auf anderen Wegen nach Deutschland zu gelangen. Auf dem Schwarzmarkt sollen Flüchtlinge schnell mal 10.000 Euro für die Reise bezahlen –ohne Erfolgsgarantie. Haben sie es doch ins Land geschafft, leben die Flüchtlinge in Asylbewerberheimen, dürfen weder reisen noch arbeiten. „Das ist nicht einfach“, sagt Samuel. „Du bist dort Schuldirektor, hast ein gutes Leben – und auf einmal musst Du zum Sozialamt.“ 1989 ist er selbst geflohen, fünf Jahre hat er mit Christina im Asylbewerberheim bei Braunschweig verbracht. Damals lebten Christinas Eltern schon im Taunus, besuchen durften sie die Familie nur mit einer Sondergenehmigung der Ausländerbehörde. Der Kontakt mit den Deutschen war anfangs schwierig, die Sprachbarriere ein großes Hindernis. Arabisch und Aramäisch beherrschen nur wenige in Niedersachsen. „Wir waren oft im Gottesdienst und haben viele türkische Christen kennen gelernt, das hat uns sehr geholfen.“ Die deutsche Sprache haben sich Christina und Samuel selbst beigebracht, mit Hilfe von Büchern und deutschen Freunden beim Fußball.

    Keine Zukunft für Christen?

    Die enge Bindung an die Kirche aber ist geblieben, und zwar an die alte, syrisch-orthodoxe, deren Gottesdienste auf Aramäisch gehalten werden, und an die evangelische, in der Christina arbeitet. „Ich bin sehr dankbar, wie alle zu uns stehen und uns unterstützen“, sagt sie. Deutschland ist jetzt ihre Heimat, das ist auch ihrem Mann bewusst geworden. Lange hatte er davon geträumt, seine Rente in Syrien zu verbringen. „Aber so wie es jetzt aussieht, werde ich nicht nach Syrien zurückgehen. Wir Christen haben keine Zukunft in Syrien, wenn die Rebellen an die Macht kommen.“

    *Alle Namen von der Redaktion geändert

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