Halbzeit auf der Weltausstellung
„Wittenberg - na, sowas, wa!“
EKHN/RahnLichtkirche in Wittenberg bei Church@Night18.07.2017 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Rahn/EKHNLichtkirche im Reformationssommer 2017Die kleine Fritzi hat schon Respekt vor dem glitzernden und blinkenden Kerl, der da in seinem Verschlag rechts neben der LichtKirche steht. Ihr Kindergarten in Wittenberg hat das schöne Wetter für einen Ausflug auf die Weltausstellung der Reformation genutzt. Und nun sind sie bei BlessU-2 hängen geblieben, dem Kommunikationsexperiment aus Hessen-Nassau, das als Segensroboter inzwischen weltweit bekannt ist.
Schlange vor Roboter
Energisch melden sich die Kinder, wenn BlessU-2 spricht und wollen ihm antworten. So selbstverständlich ist für sie der Umgang mit einer Maschine. Aber ganz so intelligent ist der Roboter noch nicht, die Kinder selber dranzunehemen. Da müssen echte Menschen herhalten und ein wenig die Rangelei vor dem Gerät sortieren. Auch so manche Hand muss aus Respekt vor dem großen Kerl ganz vorsichtig zum Mutmachen genommen werden. Und ein Hocker kommt zum Einsatz, damit die Kleinsten an das Tastenfeld des digitalen Freunds kommen, der für Besucher Segensworte aus der Bibel aussucht. Am Ende sind alle stolz, einen passenden Spruch und ein buntes Segensband bekommen zu haben.
Segen trifft Glocken
Während die Schlange vor dem Roboter wächst, haben andere der Kita-Kinder längst die drei Glocken der Lichtkirche entdeckt und eigenhändig inspiziert. Für was das Seil da bitte sei? „Zum Läuten ist es, wa?“, bemerkt ein Knirps. Und ob man denn da mal selbst Hand anlegen dürfte, fragt er. Kurze theologische Denksekunde. Nun gut, kirchlich ist das, was ein halbes Dutzend Meter daneben an BlessU-2 abläuft, vielleicht auch so etwas wie eine gottesdienstliche Handlung. In Gottes Namen: Wenn nebenan Segenssprüche erklingen, sind Glocken eine angemessene Begleitmusik. Bitte aber leise läuten.
Gästebuch wird Malbuch
Unterdessen haben auch die ersten Vorlauten der Gruppe die LichtKirche innen inspiziert und sich das Gästebuch geschnappt. Da lässt sich mit den bunten Stiften trefflich reinmalen. Wie gut, dass in der Ecke auch eine Gitarre wartet, die die Gruppe musikalisch in Schach halten kann. Alle haben zum Abschluss viel Spaß mit großen Schlagern für die Kleinen wie dem „Mutmachlied“. Die Erzieherinnen frohlocken, dass es „sowas in Witternberg gibt, wa!“. Und sie versprechen in der kommenden Woche gleich wieder vorbeizuschauen.
LichtKirche als Nachtkirche
Doch so lange dauert es nicht. Fritzi hat am Freitagabend gleich den Papa mitgebracht. Sie wollte die Kirche unbedingt mal Abends beleuchtet sehen, sagt er. Jeden Freitag gibt es jetzt Church@Night an der LichtKirche, wo das mobile Gotteshaus seine Vorzüge voll ausspielen kann. Licht in allen Farben des Regenbogens in den Himmel über die Lutherstadt strahlen. Dazu abendlich Segensworte. Für viele das echte Highlight der Woche in der Wittenberg.
Kippa und Kopftuch im Gotteshaus
Als geistlichen Raum entdecken immer mehr Gäste das Areal der hessen-nassauischen Kirche in der Nähe des Neuen Rathauses. Ein Gruppe Studierender, die sich mit dem Dialog der Religionen beschäftigt, verlegt ihren gemeinsamen Gottesdienst hierher. Nun spielen sie zwischen Kippa-Trägern und Kopftuch-Trägerinnen selbst komponierte Lieder und lesen eingängige Texte zum friedlichen Zusammenleben der Religionen. Die evangelische LichtKirche mutiert zum Gebetshaus für alle.
Zwischen Blitz und Kühlschrank
Wenig später dann ein Großkonzert. Mit wunderbaren Wortspielereien nimmt Klaus-André Eickhoff die deutsche Sprache auf die Schippe und auch ein wenig die Reformation. Wenn Luther nicht so viel Angst vor Blitzen gehabt hätte, dann hätte es das alles nicht gegeben. Dabei ist die statistische Wahrscheinlichkeit größer, von einem umfallenden Kühlschrank tödlich verletzt als vom Blitz erwischt zu werden. Wie gut, dass es im ausgehenden Mittelalter noch keine Kühlschränke gab.
Halbzeit auf Hessen-Nassaus Areal
Vielleicht haben all diese bunten Erlebnissplitter die Leitung des Reformationsfestes in Wittenberg auch motiviert, die Halbzeitbilanz direkt an der LichtKirche abzuhalten. Am kommenden Mittwoch trifft sich dort die Journalistenschar aus ganz Deutschland. Mal sehen, ob Fritzi einfach auch wieder vorbeikommt und gleich ihren Papa mitbringt.
Mehr zum Auftritt der hessen-nassauischen Kirche in Wittenberg: www.lichtkirche.de
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Hintergrund
LichtKirche
Seit 2009 bietet die LichtKirche bei Großveranstaltungen einen Raum für Gebet und Gottesdienst, Musik und vielfältige kulturelle Aktionen. Das 18 Tonnen schwere transportable Gotteshaus ist 13 Meter lang, 4,30 Meter breit und 8 Meter hoch. Der rund 50 Quadratmeter große Bau verfügt über einen nach außen gerichteten Altarbereich, der auch große Freiluftveranstaltungen zulässt. Die Kirche besteht aus einer besonderen Holzkonstruktion. Ihre Außenhaut ist komplett mit satinierten Plexiglasplatten verkleidet, die das Tageslicht durchscheinen lassen. Die Kirche kann zudem in verschiedenen Farben illuminiert werden und als Projektionsfläche für Videoinstallationen dienen. Das mobile Gotteshaus erhielt bereits den „Deutschen Lichtdesign-Preis“ in der Sparte Event und Messen, wurde mit der vom Bund Deutscher Architekten vergebenen „Joseph-Maria-Olbrich-Plakette für ausgezeichnete Architektur in Hessen“ prämiert und erhielt die vom Land Hessen und der Architekten- und Stadtplanerkammer ausgelobte „Auszeichnung vorbildlicher Bauten in Hessen 2011“ sowie den „Holzbaupreis Hessen 2011“. Entworfen wurde die mobile LichtKirche vom Darmstädter Architekturbüro raum-z-architekten. Das Lichtdesign entwickelte Moritz Herdt von moe lighting (Groß-Zimmern).
Segens-Parcours mit „BlessU-2“
Die Installation „BlessU-2“ ist Teil des Parcours zum Thema „Segen erleben - Moments of Blessing“, Das Angebot soll dazu beitragen, dass Menschen ihr theologisches Verständnis von Segen schärfen, die vielschichtige biblische Tradition des Segens wahrnehmen und dem geistlichen Geheimnis des Segens auf die Spur kommen. Dabei wirft das kommunikative Experiment weiterführende Fragen auf: Was geschieht beim Segnen? Welche Voraussetzungen braucht es für einen Segen? Dadurch werden bereits bekannte mediale Themen wie etwa „Wirkt ein Segen, der im Radio oder im Fernsehen gesendet wird?“ auf die neuesten technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ausgeweitet. „BlessU-2“ selbst kommuniziert mit den Besucherinnen und Besuchern über ein Display – ähnlich wie bei einem Bankautomaten. So können die Gäste per Eingabe unter anderem wählen, ob und in welcher von sieben möglichen Sprache ihnen ein biblischer Segen zugesprochen wird oder in welcher Situation er ihnen eine Hilfe sein soll. Daraufhin sucht das Gerät einen Spruch aus und liest ihn vor. Es kann anschließend auch ganz klassisch auf Papier ausgedruckt mitgenommen werden. An der Installation stehen dabei jederzeit gesprächsbereite Mitarbeitende. Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Medienkünstler Alexander Wiedekind-Klein, der als Ingenieur und leidenschaftlicher Roboterbauer beispielsweise für Bühnenproduktionen technische Installationen oder Spezialeffekte entwickelt. Zudem hat er „Robotest“, einen jährlichen Wettkampf für autonome Roboter, ins Leben gerufen und ist Begründer der Webseite „Roboterwelt.de“. Er lebt in Cochem an der Mosel.