Gottesdienstbesuch
Studie über Gottesdienstbesuch vorgelegt
EKHN/RahnGottesdienste an Weihnachten sind besonders beliebt. Aber auch andere Gottesdienste im Kirchenjahr werden recht gut besucht, wie hier der Reformationsgottesdienst in Mainz09.07.2019 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Warum besuchen Menschen einen evangelischen Gottesdienst? Was motiviert heute zum Kirchgang, und welche Faktoren wirken hinderlich? Danach fragte die „Kirchgangsstudie 2019“, die von der Liturgischen Konferenz in der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Auftrag gegeben wurde. Beteiligt haben sich mehr als 12.000 Menschen zwischen März und Juli 2018. Dabei haben sich 90 Prozent der Befragten als Mitglieder der evangelischen Kirche zu erkennen geben, insgesamt gaben über 83 Prozent an, sich der Kirche sehr oder ziemlich verbunden zu fühlen.
Beliebte Festgottesdienste
Weihnachten, Taufe und Beerdigung, aber auch andere auf den Lebenslauf bezogene Anlässe wie die Einschulung – das sind der Studie zufolge die Gottesdienste, die viele Menschen ansprechen. Mit Abstrichen gelte das auch für die kirchlichen Feste im Jahreskreis.
Geringer Besuch des wöchentlichen Sonntags-Gottesdienstes
Deutlich wird jedoch auch die geringe Reichweite des regelmäßigen Gottesdienstes am Sonntagmorgen, der sich zu einem „Zielgruppengottesdienst für Ältere und ehrenamtlich Engagierte“ entwickele, so der Eindruck von Pastorin Dr. Julia Koll, die die Arbeitsgruppe der Liturgischen Konferenz leitet. Denn ein knappes Drittel der Befragten gab an, den Sonntagsgottesdienst kaum oder nie zu besuchen. Damit werde laut Studie der Sonntagsgottesdienst seinem Anspruch eines für alle gültigen Hauptgottesdienstes meist nicht gerecht. Über den Fortbestand des klassischen Sonntagsgottesdienstes solle deshalb „vielerorts engagierter und ergebnisoffener diskutiert werden.“ Wer nur gelegentlich einen Gottesdienst besuche, tue dies nicht am Sonntagmorgen, sondern zu besonderen Anlässen.
Auf die Frage „Wie häufig besuchen Sie Gottesdienste?“ gaben immerhin fast 43 Prozent der Befragten an, „mehrmals im Monat“ einen Gottesdienst zu besuchen.
Was motiviert zum Gottesdienstbesuch?
Im Blick auf die Gründe für den Gottesdienstbesuch hat die Studie einen engen Zusammenhang zwischen Kirchgang und Religiosität ergeben. Dabei geht es den Befragten beispielsweise um die positive Wirkung auf den eigenen Glauben und das Interesse an der Predigt. Die Frage an die Studienteilnehmenden lautete: „Was motiviert Sie, in Gottesdienste zu gehen?“ 21 Prozent der freien Antworten dazu spiegeln ein religiöses Bedürfnis wieder. Die Antworten lauten beispielsweise: „mein Glaube“, „das Bedürfnis, am Sonntag Gottes Gegenwart und Kraft in Wort, Gebet, Lied zu erleben“ oder etwas freier: „innehalten, die Welt von oben betrachten“.
Zudem stellten sich ästhetisch-atmosphärischen Aspekte als wichtige Gründe für den Gottesdienstbesuch heraus. Die Frage ist also, inwieweit sich die Befragten von der Atmosphäre eines Gottesdienstes, seiner Sprache bzw. seine Musik angesprochen fühlen. Zugleich weisen die Antworten auf eine beträchtliche Polarisierung der religionsästhetischen Stile hin. An der Frage, welche Gottesdienstform, welche Predigt- oder Musikstile als ansprechend und zeitgemäß erlebt werden, scheiden sich die Geister. Die so unterschiedlichen Einschätzungen zum gottesdienstlichen Leben spiegeln damit das hohe Maß an gesellschaftlicher Ausdifferenzierung
Als weiterer Motivationsfaktor für den Gottesdienstbesuch wird das Erleben von Gemeinschaft oder auch die Zugehörigkeit zu einer konkreten Gemeinde benannt.
Was verhindert den Gottesdienstbesuch?
Wer keine Gottesdienste besucht oder nur gelegentlich, hat dafür in der Regel weitreichende persönliche Gründe, die weit über die allgemeine Verdichtung des Lebens und den Zeitmangel hinausgehen. Wenn Religion in der dargebotenen Form als für das eigene Leben kaum relevant erlebt wird, bleiben viele Menschen dem Gottesdienst fern. Manche Befragten geben an, dass Gottesdienste als religiöse Angebote sie entweder nicht ansprechen oder dass sie sie verzichtbar erleben. Beispielsweise heißt es: „ich sehe keine Notwendigkeit, keinen zusätzlichen Effekt auf mich“ – „Ich fühle oft anders als das, was die Kirche als gesetzt ansieht. Habe ein anderes Gottesbild“ – „Die unachtsame und leichtfertige Rede vom Heiligen brauche ich nicht mehr“. Es reiche also nicht aus, Inhalte attraktiv zu verpacken oder günstige Gelegenheiten zu schaffen, sagt Julia Koll: „Hier reicht die gottesdienstliche Praxis vielmehr hinein in das Feld religiöser Bildung im denkbar weitesten Sinn.“ Den Befund der Studie könne man „als Aufforderung lesen, über gottesdienstliche Formen auf viel freiere, experimentellere und womöglich auch tiefgreifendere Weise nachzudenken“, heißt es in der ersten Auswertung.
Zudem gibt es weitere Gründe, dem Gottesdienst-Angebot fern zu bleiben: Ein Viertel signalisiert, dass sie zu wenig Zeit hätten oder dass sie die einzigen potentiellen Kirchgänger in der Familie seien. Aber auch Empfindungen wie Müdigkeit, Bequemlichkeit, Lust auf andere Aktivitäten und „einen Sonntag für mich allein haben zu wollen“ wurden als Gründe genannt.
Gemeindebrief und Internet als wichtige Informationsquellen für Termine
Grundlegende Voraussetzungen für einen Gottesdienstbesuch ist die Information über die Termine. Unter den gängigen Informationswegen bleibt der Gemeindebrief vorerst Spitzenreiter. Dreiviertel aller Gottesdienstbesucher nutzen ihn, um herauszufinden, wann und wo welche Gottesdienste stattfinden. Dicht gefolgt wird dieses Medium vom Internet als zweitwichtigster Informationsquelle, die von fast der Hälfte der Befragten regelmäßig genutzt wird. Je jünger die Befragten, desto häufiger ist dies der Fall.
Auf einer Auswertungstagung in der Evangelischen Akademie Loccum vom 13.-14.09.2019 sollen die Ergebnisse ausführlicher vorgestellt und diskutiert werden.
Fakten zum Gottesdienst
Rund 771.000 Menschen besuchen im Schnitt in Deutschland jeden Sonntag einen evangelischen Gottesdienst. Außerdem verfolgen durchschnittlich 0,7 Millionen Christen mit einem Marktanteil von 6,8 Prozent die sonntäglichen Übertragungen evangelischer und ökumenischer Gottesdienste im Fernsehen. Hinzu kommen die Besuche der Gottesdienste in Senioreneinrichtungen oder Krankenhäusern.