Obdachlosigkeit
Kaffee der Nächstenliebe
Katharina OlschewskiInhaber Yasar Celik und seine Mutter Yvonne Fekih ermöglichen Hilfe für Obdachlose und Bedürftige in ihrer Bäckerei10.02.2015 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Schon morgens auf dem Weg zur Arbeit kann man sich und anderen etwas Gutes tun. Ein backfrisches Croissant, ein heißer Kaffee. Das geht im Backkönig in der Wiesbadener Bleichstraße. Seit Dezember letzten Jahres widmet sich die Bäckerei ihrem Projekt „Aufgeschobenes“. Kunden können bedürftigen oder obdachlosen Menschen einen Coupon ausstellen, auf dem dann beispielsweise steht: „belegtes Brötchen“ oder „Cappuccino“.
Ein kalter Wintertag bringt die Idee
Den Coupon hinterlegt der Kunde entweder an der Kasse der Bäckerei hinterlegt oder kann ihn direkt an einen Bedürftigen weitergegeben. Der löst ihn dann bei Bedarf ein. Bäckerin Yvonne Fekih: „Die Idee kam kurz vor Weihnachten als ich die Straße langgefahren bin und einen Obdachlosen gesehen habe, der sich da häuslich niedergelassen hatte. Es war verdammt kalt an dem Tag und ich hab mir nur gedacht: Das geht nicht!“ Yvonne Fekihs Familie ist von der Idee begeistert. Der Familienbetrieb bestellt Coupons und an Weihnachten geht es los!
„Caffè sospeso“ – der Vorläufer aus Italien
Die Idee des „Aufschiebens“ kommt ursprünglich aus Neapel in Italien. Hier kamen reichen Leute, Menschen der Oberschicht, Anfang des 20. Jahrhunderts auf die Idee, zwei Kaffee zu zahlen: einen für sich, einen für Bedürftige. Denn wer das Geld hat, sich einen Espresso zu kaufen, kann sich auch zwei leisten.
Kunden der Bäckerei unterstützen die Idee
Yvonne Fekih aber möchte im Backkönig mehr bieten: „Wir wollen es nicht nur auf einen Kaffee beschränken, denn es gibt auch Leute, die Hunger haben.“ Und die Idee wird unterstützt. Yasar Celik, Sohn von Yvonne Fekih und Inhaber der Bäckerei, erzählt, dass das Projekt bei den Kunden gut ankommt und funktioniert. Wenn jemand alkoholisiert die Bäckerei betritt und seinen Coupon einlösen möchte, wird er gebeten, später wiederzukommen. Das sei kein Problem, „man kann mit den Menschen reden“, sagt Yasar Celik.
Bei Grün gibt es etwas zu essen
Am Eingang des Backkönigs kann man sehen, ob ein Coupon hinterlegt wurde. Ein grüner Zettel zeigt an: Es gibt was zu essen. Rot bedeutet: Momentan ist leider nichts da. Generell gilt aber: Ein Coupon kann jeden Tag eingelöst werden. Und das gilt nicht nur für Obdachlose, sondern zum Beispiel auch für Kinder, deren Eltern sich nicht so viel leisten können. Denn „dass es hier in Deutschland auch arme Menschen gibt und auch Kinderarmut, das wird immer vergessen“, sagt Yvonne Fekih. Jeder Cent helfe und es komme dabei nicht auf die Menge an, sondern darauf, dass sich die Leute gemeinsam unterstützen.
Ampeln und neue Projekte
Bald soll es den Bedürftigen auch einfacher gemacht werden zu sehen, ob es etwas zu essen gibt: eine echte Ampel soll installiert werden, die dann grün oder rot aufleuchtet. Außerdem will der Familienbetrieb einen Frühstücksservice für Firmen und Privatleute einrichten. Ab einem Betrag von 15 Euro soll geliefert werden – die Liefergebühren gehen dann wieder an das Projekt „Aufgeschobenes“.
Katharina Olschewski