Reformationsjubiläum 2017

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    Theologie und Naturwissenschaft im Dialog

    Lüftet Rosetta das Geheimnis vom Ursprung des Lebens?

    ESA/ESOCGrafik: Funkwellen zwischen Raumsonde und ErdeKometenjäger Rosetta nimmt per Funksignal wieder Kontakt zur Erde auf

    Der Kometenjäger Rosetta ist wieder auf Empfang. Kirchenpräsident Jung fiebert mit, ob sich Spuren des Lebens auf seinem Zielkometen entdecken lassen. Wie vereinbart Jung Schöpfungsglaube mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen?

    EKHNPortraitDr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN

    Erleichterung im ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt: Der Kometenjäger Rosetta ist aus seinem Schlummermodus erwacht und hat am 20. Januar 2014 ein Signal an eine NASA-Bodenstation in Kalifornien geschickt. Pfarrer Dr. Volker Jung, Kirchenpräsident der EKHN, zeigt seine Anerkennung: „Ich finde diese Mission unglaublich spannend, denn ich habe mich schon immer für Raumfahrt interessiert. Es ist faszinierend, dass über eine so lange Strecke ein Funksignal gesendet werden kann.“ Da die Raumsonde Rosetta nur mit Solarenergie betrieben wird, wurde die Sonde im Juni 2011 für den sonnenfernsten Teil ihrer Bahn in einen Schlummermodus versetzt. Weil sich Rosetta nun der Sonne wieder genähert hat, kann die Raumsonde wieder ausreichend Sonnenlicht aufnehmen, um voll funktionsfähig zu sein. Zeit für ihre vorprogrammierte innere Uhr, die Sonde zu aktivieren. Mit Erfolg

    Woher kommt das Leben auf der Erde?

    Bei der Kometenmission Rosetta, die das ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt begleitet, geht es um die zentrale Frage der Menschheit: „Woher kommt das Leben auf der Erde?“ Einen Teil der Antwort sollen die Untersuchungsergebnisse des Landegerätes Philae liefern. Im November 2014 soll sich der Lander von der Muttersonde Rosetta trennen und  möglichst sanft auf dem Kometen „67P/Tschurjumow-Gerassimenko“ aufsetzen. Forschungsinstrumente des Landers werden dann die chemische Zusammensetzung der Kometenoberfläche und die innere Struktur des Kometenkerns erkunden. Von dem Vorhaben zeigt sich Kirchenpräsident Jung beeindruckt: „Ich finde es wissenschaftlich hoch interessant, den Kometen zu untersuchen, um Spuren zu entdecken, wie Leben entstanden sein könnte.“ Denn bei der Frage, wie sich Leben wirklich entwickelt haben könne, seien die letzten Antworten noch ein Geheimnis.

    Bausteine des Lebens im Universum

    Heute nehmen die Forscher an, dass sich in dem Kometen die Materie aus der Entstehungszeit unseres Sonnensystems erhalten hat. Der Vorteil des Kometen ist, dass ihm Hitze und Schwerkraft wenig anhaben können und sich dadurch seine Zusammensetzung nicht wesentlich verändert haben dürfte. Bisherige Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Kometen Bausteine des Lebens enthalten können, wie organische Moleküle. „Wir erwarten daher von der Rosetta-Mission entscheidende Hilfe bei der Frage, ob das Leben in einer Ursuppe mit Blitzentladungen auf der Erde entstanden ist, oder ob es im Weltall vorgebildet und mit kometenähnlichen Körpern auf die Erde gebracht wurde“, erklärte Berndt Feuerbacher, wissenschaftlicher Initiator der Landeeinheit Philae und ehemaliger Präsident der Internationalen Astronautischen Föderation (IAF). Die Wissenschaft vertritt heute verstärkt die Auffassung, dass wichtige Grundbausteine des Lebens bereits im Universum in verschiedenen Regionen zu finden sind.

    Theologie und Naturwissenschaft im Dialog

    Hieße das, dass entsprechende Forschungsergebnisse die Darstellungen der Bibel über die Entstehung der Welt in Frage stellen könnten? Kirchenpräsident Jung erklärt: „Durch die wissenschaftlichen Erkenntnisse ist freilich nicht die Frage beantwortet, ob es einen Schöpfer gibt oder nicht. Da muss man sich immer klar machen:  

    1. „Naturwissenschaft erklärt: WIE ist das Leben entstanden?“
      Das bedeutet, dass Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler für ihre Antworten die physikalischen und chemischen Bedingungen und Prozesse beschreiben, durch die die Träger von Erbinformationen (Ribonucleinsäure) und ein Vorläufer der Zellhaut entstanden sind. Genauere Hinweise zur Entstehungsgeschichte liefern hier belegbare und eventuell im Experiment wiederholbare Forschungsergebnisse, die beispielsweise auf Daten der Rosetta-Mission basieren.

    2. „Theologie und der Glaube sagen: WOZU gibt es Leben?“
      Theologinnen und Theologen antworten hier: Weil Gott seine Liebe ausdrückt, indem er das Leben ins Dasein gerufen hat. In der Schöpfung hat die Liebe Gottes Gestalt angenommen. Theologen gehen auch davon aus, dass sich Gottes Liebe in der ständig ablaufenden Schöpfung ausdrückt – also wenn ein neuer Tag beginnt, ein Same keimt, ein Kind geboren wird. Seine Liebe verwirklicht sich auch in Gegenwart und Zukunft.
      Zudem beschreiben Theologen, inwieweit die Verfasser der Bibel die Vorstellungen ihrer Zeit – etwa im 6. Jahrhundert v. Chr. – in den biblischen Schöpfungsbericht aufgenommen haben könnten.

    Dialog über ein lebensdienliches Weltbild

    „Diese beiden Fragen können zusammen bedacht werden, aber man hat auf unterschiedlichen Ebenen Zugang zum Thema“, erläutert Volker Jung. Dieser Gedanke bietet eine gute Diskussionsgrundlage für einen respektvollen und wechselseitigen Austausch, den Vertreter aus Theologie und Naturwissenschaft heute pflegen. Vertraut mit dem Dialog ist Pfarrer Dr. Hubert Meisinger, Referent für Umweltfragen im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN und Studienleiter für den Dialog zwischen Theologie und Naturwissenschaften der Evangelischen Akademie Frankfurt. Er erklärt: „Naturwissenschaft und Theologie prägen beide das Weltbild von Menschen. An diesem Punkt begegnen sie sich - und deshalb ist es wichtig, dass sie hier einen konstruktiven Dialog führen.“ Dabei betont er: „Entscheidend ist, dass wir dabei ein lebensdienliches Weltbild im Blick haben, zu dem Lebensfreude, die Lust an der Schöpfung, aber auch Demut und Achtung vor dem Leben gehören.“ Er hebt dabei Albert Schweitzers Haltung einer „Ehrfurcht vor dem Leben“ hervor. 

    Erkenntnisse, die auf den Daten einer gelungenen Rosetta-Mission basieren, können also den Horizont von Schülern, Studenten, interessierten Bürgern, Naturwissenschaftlern und Theologen gleichermaßen erweitern. Viel Glück für das anspruchsvolle Manöver!

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