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    Frühjahrssynode

    Synode gegen Armut und Ausgrenzung

    Esther StoschMit "Auf Augenhöhe" porträtiert der Künstler Harald Birck obdachlose MenschenMit seinen Büsten „Auf Augenhöhe“ zeigt der Künstler Harald Birck obdachlose Menschen im Vorraum der Synode

    Die Synode der EKHN will sich verstärkt gegen Armut und soziale Ausgrenzung einsetzen. Die Delegierten haben ihre Ziele in einer Selbstverpflichtung definiert.

    Frankfurt a.M., 8. Mai 2014. Die Synodalen der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) haben sich am Donnerstagabend bei ihrer Tagung in Frankfurt am Main dazu verpflichtet, sich noch deutlicher als bisher gegen Armut und Ausgrenzung einzusetzen. In einer mit großer Mehrheit verabschiedeten Erklärung heißt es, dass die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau stärker „gegen unfreiwillige materielle Armut und soziale Ausgrenzung eintreten“ sowie für die „Bekämpfung ihrer Ursachen werben“ solle.

    In innerkirchlichen wie öffentlichen Diskussionen müsse Vorurteilen gegenüber Menschen, die von Armut bedroht und betroffen sind, „entschlossen entgegengetreten werden“. Es sei zudem wichtig, auf die vielfachen strukturellen Ursachen von Armut und Ausgrenzung sowie die zunehmende Konzentration des Reichtums aufmerksam zu machen.

    Kirchengemeinden sollen sich für arme Menschen besonders einsetzen

    Die Synodalen wollen mit ihrer Selbstverpflichtung auch die Gemeinden für die Problematik sensibler machen. Sie sollten künftig dafür sorgen, dass Angebote und Aktivitäten in Kirchengemeinden und in Dekanaten nicht zur Ausgrenzung von Menschen beitragen, die von Armut bedroht oder betroffen sind. Daneben müssten alle Aktivitäten unterstützt werden, die Armut und Ausgrenzung bekämpfen oder zumindest lindern.

    Ein wichtiger Baustein seien dabei auf das Gemeinwesen bezogene Initiativen, bei denen mit weiteren Partnern vor Ort sowie Betroffenen selbst lokale Strukturen aufgebaut werden. Sie könnten das Leben von Menschen verbessern helfen, die von Armut bedroht sind. 

    Politisch deutliche Position für Arme beziehen

    Der verabschiedete Text fordert außerdem dazu auf, politisch deutlicher für Arme Position zu beziehen. So solle „die Intensität und Effektivität kirchlicher Sozialanwaltschaft auf lokaler und regionaler Ebene sowie auf Landesebene“ verbessert werden. Politische Initiativen und Gesetzesvorhaben seien daran zu messen, inwieweit sie Armut und soziale Ausgrenzung reduzieren oder befördern.

    Schließlich müssten auch die eigenen Arbeitsverhältnisse und Gehaltstarife in Kirche und Diakonie daraufhin geprüft werden, ob sie zur Entstehung von Armut beitragen. Hier solle nach „Gestaltungsspielräumen“ gesucht werden, um möglichen Missständen abzuhelfen.

    Armut am praktischen Beispiel verdeutlicht

    Den Auftakt zur Diskussion rund um das Thema Armut hatte am Donnerstagnachmittag die Arbeitsloseninitiative Gießen mit ihrem Theaterstück „Assi-TV“ gebildet. Daneben kamen Praktiker aus der Beratungsarbeit vor Ort zu Wort, die auf die bedrückende Situation vieler Menschen in Deutschland hinwiesen.

    Auf der Synode wird am Freitag auch die kirchlich-diakonische Initiative „DRIN – Dabeisein – Räume entdecken – Initiativwerden – Nachbarschaft leben“ vorgestellt. Das Projekt mit einem Umfang von drei Millionen Euro soll die Zusammenarbeit von diakonischen und kirchlichen Einrichtungen vor Ort verbessern helfen. Dabei sollen sich Gemeinden noch deutlicher als engagierte Partner im Gemeinwesen profilieren und etwa ihre Häuser als soziale Treffpunkte zur Verfügung stellen.

    Menschen am Rand der Gesellschaft in den Mittelpunkt rücken 

    Der Präses der Synode Dr. Ulrich Oelschläger lobte nach der Verabschiedung der Selbstverpflichtung die engagierte Debatte und deutliche gesellschaftspolitische Positionierung der Synode. Orientiert am Zeugnis Jesu Christi und seinem Engagement für Bedürftige hätten die Synodalen hier ein „wichtiges Zeichen gesetzt, um die Menschen am Rand wieder in die Mitte zu rücken“.

     

    Wortlaut: Selbstverpflichtung 

    Beschlossen am Donnerstag, 8. Mai 2014 auf der 10. Tagung der Elften Kirchensynode in Frankfurt

    Solidarische Kirche gegen Armut und Ausgrenzung -

    Selbstverpflichtung der Synode der EKHN

    Die Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau will mit dieser Selbstverpflichtung für ein breites Bewusstsein in Kirche und Öffentlichkeit gegen unfreiwillige materielle Armut und soziale Ausgrenzung in Deutschland sowie zur Notwendigkeit der Bekämpfung ihrer Ursachen werben. Diese Selbstverpflichtung greift Anregungen der „Mainzer Erklärung zur Bekämpfung von Armut und Ausgrenzung“ der Landesarmutskonferenz Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2011 auf und steht in Kontinuität zum „Wort der Zehnten Synode der EKHN ‚Die Zukunft des Sozialstaates und unsere Verantwortung‘“ (Nov. 2006) sowie zur gleichnamigen Publikation der Kirchensynode von 2008.

    Wir verpflichten uns hiermit,

    ·         in innerkirchlichen sowie öffentlichen Diskussionen wertschätzend und respektvoll mit den Menschen und über die Menschen zu sprechen, die von Armut bedroht und betroffen sind,

    ·         Vorurteilen gegenüber Menschen, die von Armut bedroht und betroffen sind, im kirchengemeindlichen wie auch im darüber hinausgehenden gesellschaftlichen Umfeld entschlossen entgegenzutreten und auf die strukturellen Ursachen von Armut und Ausgrenzung einerseits und der Konzentration von Reichtum  andererseits aufmerksam zu machen,

    ·         in innerkirchlichen sowie öffentlichen Diskussionen und Stellungnahmen auf die wachsende Kluft zwischen großem Reichtum und zunehmender Armut auch in Deutschland und deren tendenziell gesellschaftsspaltende Wirkung hinzuweisen,

    ·         dafür zu sorgen, dass  Angebote und Aktivitäten in Kirchengemeinden und in Dekanaten nicht zur Ausgrenzung von Menschen beitragen, die von Armut bedroht oder betroffen sind,

    ·         kirchengemeindliche, Dekanats-, gesamtkirchliche und diakonische Angebote und Aktivitäten zu unterstützen, die Armut und Ausgrenzung bekämpfen oder zumindest lindern,

    ·         gemeinwesendiakonische Initiativen zu unterstützen, bei denen Kirchengemeinden bzw. Dekanate gemeinsam mit Diakonie, weiteren Partnern sowie Betroffenen selbst lokale Strukturen aufbauen, die  das Leben von Menschen verbessern, die von Armut bedroht und betroffen sind,

    ·         die Intensität und Effektivität kirchlicher Sozialanwaltschaft auf lokaler und regionaler Ebene sowie auf Landesebene zu verbessern, wobei politische Initiativen und Gesetzesvorhaben insbesondere daran zu messen sind, ob sie Armut und soziale Ausgrenzung reduzieren oder befördern,

    ·         die Arbeitsverhältnisse und Tarife in Kirche und Diakonie kritisch zu prüfen, ob sie zur Entstehung von Armut beitragen und nach Wegen zu suchen, um Missstände abzustellen.

     

     

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