ZDF-Gottesdienst zu Corona
Fernsehgottesdienst: Jung macht Hoffnung in der Krise
EKHN/RahnKirchenpräsident Volker Jung in der Ingelheimer Saalkirche29.03.2020 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
EKHN/RahnFernsehgottesdienst aus der Ingelheimer SaalkircheGottesdienst vom 29. März 2020 hier in der ZDF Mediathek (Link gültig bis 28. März 2021)
Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, hat am Sonntag (28. März) im ZDF-Fernsehgottesdienst zu gesellschaftlicher Solidarität aufgerufen und dazu ermutigt, angesichts der Corona-Epidemie die Hoffnung nicht zu verlieren. Vielen Menschen sei gegenwärtig besonders bewusst geworden, „wie zerbrechlich und bedroht das Leben sein kann“, sagte Jung in der Übertragung aus der Ingelheimer Saalkirche unter dem Titel „Nur Mut!“. So seien Menschen von den Folgen der Krankheit und dem Tod bedroht. Berufliche Existenzen stünden auf dem Spiel. Jetzt sei es besonders wichtig, solidarisch zu handeln. Besonders das Gebet könne Hoffnung geben und die Kraft zur Geduld.
In der Coronakrise sind Nächstenliebe und Geduld gefragt
Jung ging in seiner Predigt auch auf die wirtschaftlichen Befürchtungen, die Belastungen in Medizin und Pflege sowie die politischen Herausforderungen ein. Jung: „Da wissen manche nicht, wie es danach, wenn alles überstanden ist, weitergehen soll, weil die Betriebe geschlossen sind: Gastronomen, Handwerker, Landwirte, Unternehmerinnen und Unternehmer und viele andere. Da ist jetzt schon viel Geduld, sehr viel Geduld. Und es ist auch für alle nicht einfach, die gerade jetzt unendlich gefordert sind – in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in den Geschäften, die offen bleiben, in den Rettungsdiensten, in Beratung und Seelsorge, in der Forschung, in der Politik. Und bei denen, die ganz ungewohnte Situationen bewältigen müssen – in Kindertagesstätten und Schulen. Sie alle brauchen viel Geduld, viel Kraft und sie brauchen Solidarität – jetzt und in der Zeit danach. Ich bin dankbar in einer Gesellschaft zu leben, die darum ringt, gerade die Schwachen und besonders Verwundbaren zu schützen. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Es ist der Weg der Nächstenliebe und das ist ein Weg der Geduld.“
Kraft zum Aus- und Durchhalten
Mit Hoffnung und Geduld, so Jung, könne die Gesellschaft jetzt viel erreichen. Es sei aber nötig, dass Hoffnung und Geduld immer wieder neu gestärkt werden. Dies geschehe, indem Menschen sich betend für die Kraft öffnen, die von Gott kommt. Jung: „Durch das Gebet und im Gebet sind wir in einer weltweiten Gemeinschaft miteinander verbunden. Lassen Sie uns miteinander und füreinander beten!“
Der Predigt legte Kirchenpräsident Jung die Worte des Apostels Paulus aus dem Brief an die Gemeinde in Rom zugrunde: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Römer 12,12).
Hintergrund ZDF-Fernsehgottesdienst
Neben Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung gestaltete die Ingelheimer Pfarrerin Anne Waßmann-Böhm die Feier. Für die Musik sorgten Iris und Carsten Lenz an der Orgel und dem Flügel. Sängerinnen und Sänger von „canto vocale“ und des Telemann-Chors Ingelheim unterstützen musikalisch die Feier.
Noch während der laufenden Sendung konnten Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Gebetsanliegen über die Mailadresse gebetsanliegen@ekhn.de in den Gottesdienst senden. Sie wurden dann live in die Fürbitten aufgenommen. In den kommenden Wochen soll die Saalkirche im rheinhessischen Ingelheim zum festen Drehort aller evangelischen Fernsehgottesdienste werden. Das ZDF-Gottesdienst-Team stellt seine Reisen quer durch Deutschland angesichts der Coronakrise bis auf Weiteres ein.
Gottesdienst in der Mediathek:
https://www.zdf.de/gesellschaft/gottesdienste/evangelischer-gottesdienst-386.html#xtor=CS5-95
Mehr Informationen:
www.zdf.fernsehgottesdienst.de
Predigt im Wortlaut
Predigt ZDF-Gottesdienst Ingelheim, 29. März 2020, Kirchenpräsident Volker Jung
Die Gnade unserer Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes, die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen! Amen
„Andrá tutto bene“ – alles wird gut! Mit diesen Worten, liebe Fernsehgemeinde, machen sich zurzeit die Menschen in Italien Mut. Abends singen sie auf den Balkonen. Sie bleiben zuhause, halten Abstand und verbinden sich mit Liedern, um die Hoffnung stark zu machen. Das ist sehr beeindruckend.
Auch hier in Deutschland gibt es seit Tagen ähnliche Aktionen. Musikerinnen und Musiker haben sich im Internet verabredet und spielen gemeinsam die Ode an die Freude.
Menschen singen abends zu einer verabredeten Zeit „Der Mond ist aufgegangen“ – mit den zurzeit besonders berührenden Zeilen „Verschon uns Gott mit Strafen und lass uns ruhig schlafen. Und unsern kranken Nachbarn auch.“
Mittlerweile läuten an vielen Orten auch die Glocken zu fest verabredeten Zeiten. In dieser Zeit rufen sie Menschen nicht zusammen – hinein in die Kirchen. Aber sie laden ein zum Gebet. Und so sind dann die Gebete der vielen einzelnen Menschen in ihren Wohnungen ein gemeinsames Gebet.
„Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“ (Römer 12,12) Das hat der Apostel Paulus vor fast zweitausend Jahren an die junge Christengemeinde in Rom geschrieben. Da wurde keine Pandemie bekämpft. Aber das Gefühl, wie zerbrechlich und bedroht das Leben sein kann, war den Menschen damals nicht fremd.
Gegen Krankheiten gab es ohnehin viel weniger Möglichkeiten als heute. Fast jede Krankheit konnte schnell lebensbedrohlich werden.
Bedroht waren die Christinnen und Christen aber auch, weil sie damit rechnen mussten, wegen ihres Glaubens verfolgt zu werden. Es war ihnen bewusst, dass ihnen manchmal gar nichts anderes blieb, als sich in ihre Häuser zu verkriechen.
Leben kann so vielfältig bedroht sein. Das schienen wir fast vergessen zu haben. Der Gemeinde in Rom stand das jeden Tag vor Augen.
I.
Mitten hinein in das bedrohte Leben dann diese Worte: „Seid fröhlich in Hoffnung!“ Das ist sogar noch mehr als „Alles wird gut!“. Denn manchmal wird eben nicht alles gut. Wir sehen und erleben das auch jetzt.
Für manche Menschen bedeutet es, dass Covid-19 den Tod bringt. Aus Italien erreichen uns eben nicht nur die Bilder der singenden Menschen auf den Balkonen, sondern auch die Bilder überfüllter Krankenhäuser und verzweifelter Menschen.
„Seid fröhlich in Hoffnung.“ Als Paulus das schrieb, wusste er auch, dass es für manche nicht einfach gut ausgehen würde. Er wusste es auch nicht für sich selbst, weil er immer wieder in Gefahr und Not war. Und trotzdem schreibt er: Seid fröhlich in Hoffnung!
Warum? Weil Gott ein Gott des Lebens ist und nicht des Todes. Davon war Paulus überzeugt, das hat er geglaubt: Gott hat dem Leben den Tod nicht erspart. Aber er hat dem Tod die Macht genommen. Denn Gott hat Jesus Christus nicht im Tod gelassen. Jesus ist nicht in dieses Leben zurückgekehrt. Aber er ist uns nah, an unserer Seite – in allem, was wir erleben.
Diesen Glauben, den Grund seiner Hoffnung, hat er in die wunderbaren Worte gefasst, die auch im Brief an die Gemeinde in Rom stehen: „Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist, unserem Herrn.“ (Römer 8,37-39)
Wer so glaubt, sagt sich und anderen: Du bist unauflöslich mit der Liebe Gottes verbunden. Was auch immer geschieht, du wirst aufgefangen von der Hand eines liebenden Gottes. Gott, der das Leben geschenkt hat, gibt dich nicht der Macht des Todes preis.
„Alles wird gut.“ Das können wir nicht immer so sagen. Manches ist nicht gut und wird nicht gut. Und manches ist und bleibt wirklich sinnlos. Aber die Hoffnung, die alles übersteigt, legt auch das Sinnlose in Gottes Hand und vertraut es Gott an: Gottes Gerechtigkeit und Gottes Liebe.
II.
Und diese Hoffnung vertröstet aber nicht einfach auf das, was danach kommt. Sie ist und bleibt Hoffnung auch hier und jetzt. Sie wendet sich nicht ab, wenn Menschen in Not sind und Hilfe brauchen. Deshalb: Seid fröhlich in Hoffnung! Und: Seid geduldig in Trübsal!
Was das bedeutet, müssen wir vielleicht gerade jetzt lernen. Wir merken, dass es Dinge gibt, die wir nicht mal einfach so in den Griff bekommen. Alle, die entscheiden müssen, haben nicht einfach und sofort ein Konzept in der Tasche. Die Entwicklung eines Impfstoffes oder eines wirksamen Medikamentes braucht Zeit.
Jetzt müssen wir alles tun, um möglichst viele Neuinfektionen zu vermeiden. Und dabei merken wir: Das ist auch nicht auf Abruf machbar. Das Corona-Virus hat unser Leben empfindlich unterbrochen.
Manche denken: Das ist auch gut, daraus können wir vielleicht vieles lernen. Es ist gut, dass wir uns gerade jetzt darauf besinnen, was wirklich wichtig ist. Ja, das ist sicher richtig.
Aber dabei dürfen wir die nicht übersehen, die es jetzt besonders schwer haben.
Da sitzt jemand ganz alleine in seiner Wohnung und fühlt sich abgeschnitten und isoliert von allen.
Da wird jemand beatmet und kein Angehöriger darf in die Nähe und fürchtet ein einsames Sterben.
Da wissen manche nicht, wie es danach, wenn alles überstanden ist, wirtschaftlich weitergehen soll, weil die Betriebe geschlossen sind oder alles nur eingeschränkt läuft: in der Gastronomie, im Handwerk, in der Landwirtschaft, in Unternehmen und Einrichtungen.
Da ist jetzt schon viel Geduld, sehr viel Geduld gefragt.
Und es ist für alle nicht einfach, die gerade jetzt unendlich gefordert sind – in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in den Arztpraxen, in den Geschäften, die offen bleiben, in den Rettungsdiensten, in Beratung und Seelsorge, in der Forschung, in den Medien, in der Politik.
Und bei denen, die ganz ungewohnte Situationen bewältigen müssen – in Kindertagesstätten und Schulen, in unseren Familien. Sie alle brauchen viel Geduld, viel Kraft und sie brauchen Solidarität – jetzt und in der Zeit danach.
Ich bin dankbar, in einer Gesellschaft zu leben, die auch in einer so schwierigen Situation darum ringt, gerade Schwache und besonders Verwundbare zu schützen. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Es ist Weg der Nächstenliebe und es ist so ein Weg der Geduld.
Dabei können, ja müssen wir einander helfen und unterstützen. Es gibt so viele großartige Initiativen, die Einkaufshilfe organisieren und zeigen, dass niemand allein sein muss. Und manchmal hilft in allem auch der kleine Humor zwischendurch. Den gibt es auch jetzt. Nicht umsonst heißt es: Geduld und Humor sind Kamele, die durch die Wüste tragen.
III.
Wir können auch jetzt viel erreichen. Hoffnung, Geduld (und auch Humor) kommen aber nicht nur aus uns selbst. Damit sie in uns bleiben und uns immer neu erfüllen, ist es gut, auch das Dritte zu hören, das Paulus hinzufügt: Seid beharrlich im Gebet.
Vielleicht sind jetzt manche bei unserem Gottesdienst dabei, die denken: Ich habe schon lange nicht mehr gebetet. Oder andere, die sagen: Ja, in diesen Tagen, hatte ich manches Stoßgebet im Herzen.
Wie auch immer Sie beten: Beten tut gut, Beten hilft, Beten gibt Kraft. Das Gebet ist der Ort, wo ich das vor Gott ausbreite, was mich im Innersten bewegt: meine Sehnsucht, meine Wünsche, meine Sorge, meine Angst, meine Fragen. Wenn ich bete, dann sage ich Gott oft das, was ich nicht verstehe und begreife. Ich vertraue Gott Menschen an, um die ich mich besonders sorge. Und ich bitte Gott um seinen Schutz und seine Beistand für mich und für andere.
Ja, und durch das Gebet, im Gebet sind wir in einer weltweiten Gemeinschaft miteinander verbunden. Lassen Sie uns miteinander und füreinander beten – gerade jetzt und hier und heute.
Wir haben am Anfang des Gottesdienstes dazu eingeladen, dass Sie uns ihre Gebete zu schicken. Viele sind bei uns eingetroffen. Wir werden sie gleich in den Fürbitten aufnehmen.
Und sie können uns gern auch jetzt noch Ihr Gebet zusenden. Die Adresse ist gerade noch einmal eingeblendet.
Drei möchte ich jetzt schon vorlesen.
Wir beten mit Anja Dietrich: Vater im Himmel, mein Herz ist oft gefüllt mit Wut gegen dieses Virus, das die Welt beherrscht. Gib mir Geduld in meiner Familie, dass wir es gut miteinander zuhause aushalten und Liebe alles heilt.
Wir beten mit Frau Loskot: Ich möchte für alle Menschen beten, die jetzt in Auffanglagern sitzen und auf eine Zukunft hoffen. Corona soll uns nicht vergessen lassen, wie viele Menschen auf der Flucht sind.
Wir beten mit Jugenddiakon Henry Sprenger aus Teltow: Guter Gott, ich bitte dich für die Konfirmandinnen und Konfirmanden und ihre Familien, die jetzt zuschauen. Lass sie erfahren, dass sie aufgehoben sind in einer guten Gemeinschaft von Menschen in ihrer Gemeinde.
Ja, es ist gut, wenn wir so aneinander denken und miteinander beten. Gott ist uns nah ist und hört unsere Gebete.
Lassen Sie uns beherzigen, was Paulus sagt – heute, in der kommenden Woche und der Zeit, die vor uns liegt: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.“
Und der Frieden Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen