Reformationsjubiläum 2017

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanates Beispiel zu Ihnen passen. Über das Kontaktformular sind wir offen für Ihre Anregungen.

    Menümobile menu

    Serie: Mutmacher

    Mutmacherin Michelle Bestler: Kunstrad-WM statt Rollstuhl (mit Video)

    Felix KästnerZweimal pro Woche trainiert Michelle Bestler derzeit in Langgöns für die WeltmeisterschaftZweimal pro Woche trainiert Michelle Bestler derzeit in Langgöns für die Weltmeisterschaft

    Das Kunstradfahren ist Michelle Lynn Bestlers Leidenschaft, seit sie sieben Jahre alt ist. Dabei sah es lange nicht so aus, als könnte sie jemals wieder aufs Rad steigen.

    Von Thomas Wißner

    Eifrig dreht Michelle Lynn Bestler ihre Runden in der Karl-Zeiß-Sporthalle in Langgöns. Auf zwei Rädern. Oder nur auf einem. Streckt die Beine kerzengerade in die Luft, während sie kopfüber auf ihrem Fahrrad hängt. Die 23-Jährige trainiert für die Hallenradsport-Weltmeisterschaft im belgischen Lüttich. Dort will sie im Einer-Kunstradfahren an den Start gehen.

    Therapie wird zur Leidenschaft

    Damit erfüllt Bestler sich einen Traum, der für sie lange als unerfüllbar galt. „Als ich im Kindergarten war, bin ich oft hingefallen und konnte nicht so richtig laufen“, erzählt sie. Die Ärzte diagnostizierten eine Gleichgewichtsstörung. Sie verbrachte viele Stunden mit einem Physiotherapeuten – und ihre Eltern meldeten sie beim Radsportverein 1921 Langgöns (RSV) an, als sie sieben Jahre alt war. Natürlich hofften sie, dass der Sport helfen könnte. Zugleich fand die kleine Michelle Gefallen am Kunstradfahren. Und dies führte gleich zu einem doppelten Erfolg: Sie zeigte ausgezeichnete Leistungen auf und mit dem Rad, und ihre Gleichgewichtsstörungen waren so gut wie verschwunden. „Ich merke es heute nur noch leicht“, schildert sie, „ich kann zum Beispiel nicht so gut auf einem Bein stehen wie andere.“

    Mit 14 Jahren droht der Rollstuhl

    Beinahe hätte Bestler ihren Sport aber komplett an den Nagel hängen müssen. Im Alter von 14 Jahren erlitt sie während des Trainings mehrere Knöchelrisse im rechten Fuß. Nach nur ein paar Monaten erlitt sie einen weiteren Rückschlag mit ihrem Knöchel, der nun durch Stifte und Schrauben zusammengehalten werden musste. „Die Ärzte haben mir damals davon abgeraten, den Sport weiter zu betreiben“, sagt sie. „Sie haben gesagt, dass ich eventuell nicht mehr würde laufen können, wenn es wieder passieren würde.“

    Letzter Ausweg: Kindertrainerin. Und WM-Teilnehmerin

    Wenn sie schon nicht mehr selbst aufs Rad steigen konnte, wollte sie wenigstens als Trainerin dem Kunstradfahren erhalten bleiben. Heute trainiert sie zehn Kinder des RSV Langgöns und ist zudem E-Kader-Trainerin des Bezirks Taunus-Wetterau im Hessischen Radfahrerverband. Und als die WM an ihrem Horizont auftauchte, begann sie wieder mit ihrem Sport. Beim Training trägt sie jetzt spezielle Bandagen, die ihre Knöchel stützen und schützen.

    Kein Geld für viel Ehrgeiz

    Bestler arbeitet heute als Erzieherin im Evangelischen Kindergarten Sonnenstrahl in Langenhain-Ziegenberg im Wetteraukreis. Zwei Mal pro Woche trainiert sie in Langgöns für die Weltmeisterschaft. In Lüttich wird sie für die USA an den Start gehen. Sie hat nämlich neben der deutschen noch die US-Staatsbürgerschaft, ihr Vater ist US-Amerikaner. Für Deutschland hätte sie die WM wohl kaum erreicht, gibt sie zu: „Ich muss ehrlich sagen, dass die Deutschen ziemlich gut sind.“

    Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hingegen ist die Kunstradfahrerszene kaum ausgeprägt. Der US-Radsportverband gab Bestler grünes Licht für eine WM-Teilnahme. Allerdings muss sie die selbst komplett bezahlen – und sogar noch Vorgaben erfüllen, zum Beispiel Logos anbringen. Zwar hat sie Sponsoren, aber Shirts fürs Training oder ein gebrauchtes Fahrrad hat sie sich selbst gekauft. Mit Anreise und Übernachtung kommt da einiges zusammen. „Das ist schon ein vierstelliger Betrag“, schätzt sie.

    Auch wenn es eine Weltmeisterschaft ist und nicht die Olympischen Spiele, gilt für Bestler das olympische Prinzip „Dabei sein ist alles“. Ein Ziel habe sie aber schon: „Ich würde gerne unter die ersten 15 kommen.“

     

    Michelle Lynn Bestler auf Facebook

    to top