Netzwerkkonferenz Kirchenasyl
Kirchenasyl zwischen staatlichem Gehorsam und moralischer Verpflichtung
Erika von BassewitzKirchenasyl-Konferenz: Eingang08.09.2014 evb Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Erika von BassewitzGut besucht: Rund 120 Teilnehmer aus Deutschland und Europa nahmen an der Konferenz teilKirchenasyl sei tief in der christlichen Tradition verwurzelt, erklärte der katholische Theologie-Professor Andreas Lob-Hüdepohl auf der Konferenz „Schutz-Raum-Kirche“ Kirchenasyl der ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Asyl.
Gehorsam gegenüber dem Staat oder gegenüber dem Gewissen?
Die Bibel fordere die Gläubigen einerseits dazu auf, die Gesetze eines Landes zu befolgen (Römer 13,1). Andererseits lehre die Bibel wiederholt die Gastfreundschaft gegenüber Fremden und rufe mehrfach dazu auf, den Armen zu helfen. Und Arme, das seien auch Flüchtlinge.
„Asyl zu gewähren ist fast schon Christenpflicht“
„Theologisch betrachtet will Kirche durch Kirchenasyl nur die Botschaft des Evangeliums verkünden durch ihr stummes Zeugnis der Tat“, so Lob-Hüdepohl. „Asyl zu gewähren ist fast schon Christenpflicht.“ Kirchenasyl sei staatsrechtlich zwar umstritten, moralisch aber legitim, bei schwerwiegenden Ungerechtigkeiten zivilen Ungehorsam zu leisten.
Flüchtlinge werden in Europa traumatisiert
Derzeit leben laut BAG bundesweit 245 Personen im Kirchenasyl, 72 davon sind Kinder. Bei der überwiegenden Mehrheit der Fälle handele es sich um sogenannte „Dublin-Fälle“, also Menschen, die zunächst in ein anderes europäisches Land eingereist sind, in dem sie sich nun aufhalten sollen. Dazu zählen etwa Italien, Ungarn, Bulgarien oder Malta. Dort haben die Flüchtlinge ohne Unterstützung jedoch keine Perspektive. „Es gibt heute sehr viel mehr traumatisierte, und zwar in Europa traumatisierte, junge Menschen als früher“, betonte der Interkulturelle Beauftragte der EKHN, Andreas Lipsch. Flüchtlinge würden in Europa geprügelt und vergewaltigt.
Kirchenasyle sind in vier von fünf Fällen erfolgreich
In Hessen befinden sich aktuell 17 Menschen in Kirchenasyl. Dieses dauere in der Regel zwischen sechs und 24 Monaten. „Wir bitten oft nur um Zeitaufschub, um neue Entscheidungen zu treffen. Und das ist uns in immerhin 80 Prozent der Fälle gelungen“, sagte die bisherige Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Asyl, Fanny Dethloff. Häufig seien in Erst-Verfahren Fehler vorgekommen, die Glaubwürdigkeit der Schutzsuchenden angezweifelt oder Krankheiten nicht berücksichtigt worden.
Kirchenasyl schützt vor Selbstmord
Die Bundesarbeitsgemeinschaft gibt es seit zwanzig Jahren. In dieser Zeit wurden einzelne Pastoren oder Pfarrer immer wieder zu Strafzahlungen aufgefordert. „Wir akzeptieren, dass es eine Ordnungswidrigkeit sein kann“, so Dethloff. Dennoch werde jedes Kirchenasyl den Behörden gemeldet. Viele Staatsanwälte sähen aber sehr wohl, dass Kirchenasyl Grundrechte und Menschenrechte verteidigte. Das Kirchenasyl sei oft „Suizidprophylaxe“.
„Wir haben viele Menschen, die keinen Satz mehr herausbringen, einem nicht in die Augen blicken können und sehr krumm und verwundet zu uns kommen“, erklärte Dethloff. „Und wenn die wieder anfangen zu lachen, dann ist es das Beste, was uns passieren kann.“
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