Sachstandsbericht Kitas
Kirchen-Kitas in der Klemme: Zuschuss ist Herausforderung
Erika von BassewitzEingang der Kita in Wirges05.09.2023 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Die Kindertagesstätten sind aus der Arbeit der evangelischen Kirche nicht wegzudenken. Trotzdem wird ihr Betrieb zunehmend zur Herausforderung. Das zeigt ein aktueller Sachstandsbericht, der auch der Frühjahrssynode der hessen-nassauischen Kirche vorlag. Medien haben ihn am Wochenende zum Anlass genommen, die Situation kirchlicher Kitas genauer zu beleuchten.
Synode billigte Bericht schon im Frühjahr
Der von der Synode gebilligte Sachstandsbericht aus dem Frühjahr 2023 über die aktuelle Situation der rund 600 Kindertagesstätten in hessen-nassauischer Trägerschaft zeigt: Nicht nur der Fachkräftemangel wird für die Kita-Verantwortlichen zur Herausforderung. Sie geraten auch wegen der neuen Sparbeschlüsse der EKHN unter Druck. So sollen etwa die Betriebsverträge mit den kommunalen Partnern neu verhandelt werden, um den Kostenanteil für die EKHN um insgesamt zehn Millionen Euro zu verringern. Aktuell steuert die EKHN rund 50 Millionen Euro aus Eigenmitteln zum Betrieb der Kirchen-Kitas bei. Es zeichne sich dem Bericht zufolge ab, dass nicht alle Kommunen die neuen Bedingungen und die damit verbundenen reduzierten kirchlichen Zuschüsse akzeptieren würden. In solchen Fällen könne es in der Folge dazu kommen, dass evangelische Einrichtungen nicht mehr von der Kirche weiterbetrieben werden könnten. Es sei nicht ausgeschlossen, dass Einrichtungen abgegeben werden müssen, so der Synodenbericht.
Baulasten drücken Kitas auch
Eine Herausforderung ist auch das Vorhaben, bis zum Jahr 2030 die Baulasten der kirchlichen Kitas auf die Kommunen zu übertragen. Der vorgelegte Bericht zeigte hier an „vielen Stellen“ auch Problemanzeigen, da eine Übernahme der Baulast durch die Kommunen oft schwer vorstellbar sei. Die kommunalen Partner hätten unter anderem eigene Finanzprobleme geltend gemacht oder moniert, dass die Gebäude in einem mäßigen baulichen Zustand seien. Zu Lösung vorgeschlagen wird in dem Papier eine landeskirchen- und fachübergreifende Abstimmung und auch die Prüfung, ob Ausnahmen dennoch möglich sein könnten.
Hintergründe zur Kita-Arbeit
Grundsätze der Kita-Arbeit
Grundsätzlich aber bleibt: Die Türen in den rund 600 Kindertagesstätten der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN) stehen Kindern und deren Familien offen – unabhängig von ihrer Sprache, Kultur, Konfession, Religion und Weltanschauung. Die Kita-Arbeit versteht die EKHN als Dienst an Familien, Kindern und der Gesellschaft. Sie betreibt evangelische Kindertageseinrichtungen im Sinne frühkindlicher Bildung, Erziehung und Betreuung. Es liegt der evangelischen Kirche am Herzen, dass Kinder altersgerecht christliche Grundsätze wie Freiheit, Toleranz, Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung erfahren und Raum für eine eigenständige Auseinandersetzung mit der Welt bekommen. Evangelische Kindertagesstätten leisten in der Gesellschaft damit einen wichtigen Beitrag für gelingendes Zusammenleben bei kultureller und religiöser Vielfalt. Diese wird in jeder der EKHN-Kindertagesstätten gelebt und ist für die Kinder ein selbstverständlicher Teil ihrer Lebenswelt.
Zahlen zu EKHN-Kitas
Im EKHN-Bereich werden in derzeit in rund 600 evangelischen Kitas etwa 40.000 Kinder durch circa 8.000 pädagogische Mitarbeitende begleitet. Die evangelische Kirche versteht sich dabei seit Jahrzehnten als Partnerin der Kommunen bzw. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, um gemeinsam den gesellschaftlichen Bildungsauftrag zu erfüllen und Mitverantwortung für ein gerechtes und friedvolles Zusammenleben zu übernehmen. Derzeit investiert die EKHN in den Bereich Kindertagesstätten jährlich rund 50 Millionen Euro. Damit unterstützt sie die Kitas neben der Mitfinanzierung der Betriebskosten insbesondere bei der Finanzierung professioneller Führungs- und Trägerstrukturen auf Ebene von Gesamtkirche und Dekanaten. Darüber hinaus berät sie bei organisatorischen, fachlichen und konzeptionellen Belangen und bringt gut aus- und fortgebildete Fachkräfte in das Kita-Feld ein. Zudem begleiten an vielen Orten ehrenamtlich organisierte Kirchenvorstände die Führungsarbeit der Kitas in Konzeptions- und Personalfragen und nehmen so eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe wahr. Zahlreiche ev. Kirchengemeinden bringen ihre eigenen Grundstücke und Kita-Gebäude ein, an deren Instandhaltung sich die EKHN in hohem Maße beteiligt.
Rückgang der Mitglieder
Gleichzeitig besteht mittlerweile aufgrund des Rückgangs von Kirchenmitgliedern und damit dadurch sinkender Kirchensteuereinnahmen ein ganz erheblicher finanzieller Druck. Dieser wird sich der sogenannten „Freiburger Studie“ zufolge in naher Zukunft nochmals deutlich verschärfen. Demnach muss die EKHN bereits bis zum Jahr 2035 mit einem Rückgang der kirchensteuerzahlenden Mitglieder von bis zu 30 Prozent rechnen (bezogen auf das Jahr 2020). Die EKHN hat als Reaktion auf diese sehr schwierige Situation dem umfassenden Reformprozess ekhn2030 eingeleitet. Die veränderte Kirchenbindung schwächt den finanziellen Handlungsspielraum der Kirche bereits heute. Der Auftrag, für Kinder und Familien da zu sein, bleibt jedoch unverändert bestehen.
Finanzierung herabsetzen
Daher muss die EKHN ihre Finanzierung der Kindertagesstätten herabsetzen: Ein Ende der Mitfinanzierung der Kita-Kosten auf bisherigem Niveau ist erforderlich und daher sind Neu-Verhandlungen mit den kommunalen Vertragspartnern notwendig. Mehr als 50 Prozent der EKHN-Kitas werden in kirchlichen Gebäuden betrieben. Die Lasten für den Unterhalt der Kita-Bauten können zukünftig nicht mehr von der EKHN aufgebracht werden und sollen abgegeben werden. Verschiedenen Lösungsansätze werden diesbezüglich derzeit in Hessen und in Rheinland-Pfalz mit den kommunalen Partnern abgestimmt und vereinbart. Die anstehenden Veränderungen in der Finanzierungsbeteiligung sind unerlässlich, um die evangelischen Kita-Trägerschaften weiterhin vor Ort anbieten und eine qualitätsvolle Arbeit für Kinder und deren Familien sicherstellen zu können.
Gute Gründe für eine evangelische Trägerschaft bleiben nach wie vor:
• Gleichbleibend hohes Niveau beim Qualitäts- und Personalmanagement
• Identifikation aller haupt- und ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden mit ihrem Beruf und ihren Aufgaben
• Ehrenamtliches Engagement und Vernetzung vor Ort
• Die Erfüllung des Subsidiaritätsprinzips (gesellschaftliches Prinzip nachdem staatliche Aufgaben soweit wie möglich von freien Trägern übernommen werden)
• Vielfalt in der Trägerlandschaft – Wahlmöglichkeit für Eltern
• Jahrzehntelange bewährte Zusammenarbeit mit Kreisen, Städten- und Gemeinden
• Professionelle Fachberatung aller Kitas
• Übergreifende Leistungen der EKHN, wie u. a. Finanzverwaltung, fachliche und juristische Beratung
Zum kompletten Bericht: www.kirchenrecht-ekhn.de/synodalds/52876.pdf