Gut besuchter Reformationsgottesdienst auf dem Kirchberg
Kein Frieden ohne gegenseitiges Verstehen
StenderDr. Samuel Packiam predigt ausdrucksstark auf dem Kirchberg05.11.2018 ast Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
StenderVolle Konzentration: Collegium vocale im Reformationsgottesdienst„Religion – Friedensstifter oder Gewalttreiber?“ war das Thema des Gottesdienstes, zu dem Dr. Samuel Packiam, Direktor des Henry-Martin-Instituts in der indischen Metropole Hyderabad, predigen sollte. In dem Land, in dem es häufig gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen der Hindu-Mehrheit und den Moslems als größter religiöser Minderheit gibt, verstehe sich das Henry-Martin-Institut als Mittler zwischen den im Subkontinent vertretenen Religionen und Konfessionen, erläuterte Propst Matthias Schmidt, der selbst schon mehrmals Gast im Institut war. Mit Angeboten in Hyderabad selbst, etwa Bildungseinrichtungen für Mädchen und Frauen aus Hindu- und Moslemfamilien, betätige sich das Institut selbst als Friedensstifter, führte der Propst aus. Aber auch die theologische und religionsgeschichtliche Forschung, die dort von Männern und Frauen der verschiedenen Religionen betrieben werde, sei auf die Möglichkeiten des friedlichen Zusammenlebens von Religionen und Konfessionen konzentriert. Henry Martin, der Missionar, der das später nach ihm benannte Institut gründete, habe gewollt, dass die Religionen lernen, sich zu verstehen.
„Kann Religion Frieden? Kann Christentum Frieden? Wäre die Welt besser dran, wenn es keine Religion gäbe?“ Diese Fragen übergab Propst Schmidt an seinen indischen Gast, der auf einer Reise zu den europäischen Partnern des Instituts in Oberhessen Station machte.
Dr. Packiam ließ keinen Zweifel daran, dass Religion die Aufgabe habe, den Menschen und die Welt friedlicher zu machen. Wenn im Namen der Religion Gewalt angewendet wird, liegt dies nach den Ausführungen des indischen Theologen an den Menschen, nicht an der Religion selbst. Er erinnerte seine Zuhörer im gotischen Kirchenraum daran, dass die Christen in Indien bei einem Bevölkerungsanteil von lediglich zwei Prozent nur einen geringen Einfluss auf die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in dem in dem Land mit 1,3 Milliarden Menschen haben. In der Übersetzung von Ökumenepfarrer Bernd Apel erfuhren die Gottesdienstbesucher, dass auch in den indischen Kirchen Entwicklungen zu beobachten seien, die dem christlichen Auftrag nicht gerecht würden. Ein Teil der Gläubigen neige dazu Religion lediglich zu konsumieren oder nur daran zu messen, ob sie zum persönlichen Profit beitrügen. Manche Predigten seien entweder zu wenig intellektuell oder überforderten die Zuhörer. Gemeinden seien in Gefahr, sich zu geschlossenen Organisationen zu entwickeln, denen die Spiritualität verloren gehe. Es sei eine Herausforderung diesen Entwicklungen zu begegnen, damit die Christen ihren Beitrag zum Frieden weiter leisten könnten.
Andächtiger Friede kehrte bei den Ausschnitten aus John Rutters Requiem und einem Chorsatz von César Franck in der Kirche ein. Bei der einen oder dem anderen entstand unter der Melodik des Chorgesangs bestimmt der feste Vorsatz, eines der Konzerte des Collegium vocale Kirchberg zu besuchen, bei denen das gesamte Requiem des englischen Komponisten und weitere Stücke des französischen Romantikers zu hören sein werden. Am Samstag, den 10. November, gastiert der Chor unter der Leitung von Dekanatskantorin Daniela Werner um 19.30 Uhr in der evangelischen Kirche Lollar. Am Samstag, den 17. November, um 19.30 Uhr folgt ein Auftritt in der Kirche der Wicherngemeinde Gießen und am Sonntag, den 18. November, um 18 Uhr in der katholischen Kirche St. Raphael in Wettenberg-Wißmar.
Dekan Hans-Theo Daum, der mit dem für Ruttershausen zuständigen Pfarrer Traugott Stein die Liturgie leitete, informierte die Gemeinde darüber, dass die Kollekte des Abends für das Henry-Martin-Institut in Hyderabad bestimmt sei.
Sowohl die Leistung des Chors als auch der Beitrag des indischen Gastes waren Themen an den Stehtischen, an denen das Dekanat zu Getränken und Knabbereien einlud.