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    Aktiv gegen Artensterben

    Biologische Vielfalt in Gärten und auf Kirchengrundstücken erhöhen

    Foto: Silvia Zerfaß, ZGVZauneidechsenNaturnahe Gärten erhöhen die biologische Vielfalt - da fühlen sich selbst Zauneidechsen wohl

    Laut einem UNO-Bericht sind rund eine Million Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht. Auch auf dem Gebiet der EKHN ist ein Teil der Schöpfung gefährdet. Allerdings kann in Gärten und auf Kirchengrundstücken die biologische Vielfalt erhöht werden. Maßnahmen auf kirchlichen Flächen unterstützt die EKHN finanziell.

    Der von den Vereinten Nationen eingesetzte Weltbiodiversitätsrat IPBES hat die Fakten über das Artensterben Anfang Mai 2019 zusammengetragen. Die Ergebnisse zeigen: Die Zahl der Arten, die für immer von der Erde verschwinden, steigt rapide. Als eine der Ursachen wird die intensive Nutzung von Landflächen und Meeren genannt - drei Viertel der Landflächen und zwei Drittel der Ozeane seien entscheidend durch den Menschen beeinflusst. Zudem verdrängen invasive Arten die heimischen Pflanzen und Tiere, auch der Klimawandel und die Umweltverschmutzung wurden als wesentliche Gründe genannt. Bundesumweltministerin Svenja Schulze gab am 6. Mai 2019 eine Einschätzung des Berichtes bekannt: "Die Menschen sind dabei, ihre eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören." Die EKHN-Agrarreferentin Dr. Maren Heincke kommt zu einem ähnlichen, dramatischen Schluss: "Die fortschreitende Artenerosion bedroht das langfristige Überleben der Menschheit."

    Auch in Hessen und Rheinland-Pfalz sind Pflanzen und Tiere vom Aussterben bedroht

    In Deutschland sind von den einheimischen Tierarten rund 35 Prozent, von den Pflanzenarten 26 Prozent bestandsgefährdet. Auch auf dem Gebiet der EKHN sind bereits Arten wie der Auerhahn ausgestorben. Andere Tierarten, zu denen das Braunkehlchen gehört, sind vom Aussterben bedroht. "Mittlerweise sind sogar Allerweltsarten wie die Feldlerche gefährdet, hier verringert sich die Anzahl der Tiere rapide", berichten Dr. Maren Heincke. Die Referentin für den Ländlichen Raum im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN warnt: "Je mehr Verknüpfungen im Netz des Lebens wegfallen, desto unsicherer wird die Situation. Wenn beispielsweise bestäubende Insekten verschwinden, sieht es beim Obst und Gemüse düster aus." Bei diesen Dimensionen sind die Verantwortlichen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft gefragt. "Aber schon mit kleinen Maßnahmen kann man viel bewirken. Bereits mit einem Laubhaufen in einer kleinen, wilden Ecke im Garten schaffen Sie ein Winterquartier für mehrere Tierarten", ermutigt die promovierte Agrarwissenschaftlerin.

    Im Kleinen etwas bewegen - im Garten und auf Kirchengrundstücken

    Die Garten- und Pflanzsaison hat bereits begonnen. Bei der Auswahl der Pflanzensamen, Setzlinge und Stauden kann nun darauf geachtet werden, ob sich damit die biologische Vielfalt erhöhen lässt. Dabei sollten die Pflanzungen rund um das eigene Haus oder auf kirchlichen Grundstücken auch langfristig gedeihen. Deshalb ist es sinnvoll, den Klimawandel bei der Auswahl der Pflanzen zu berücksichtigen.

    Biologische Vielfalt vor dem Hintergrund des Klimawandels erhöhen

    „Die trockeneren Sommer werden zunehmen, auch wenn sie sich mit feuchteren Jahren abwechseln. Aber es gibt Möglichkeiten, die Begrünung den veränderten Bedingungen anzupassen“, erklärt die Agrarreferentin. Deshalb möchte das Zentrum auch Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen bei dem Veränderungsprozess unterstützen – zunächst bei der Anpassung der Grünanlagen. 

    10.000 Euro für Kirchengemeinden, Kitas und kirchliche Einrichtungen

    Kirchengemeinden, Kindertagesstätten und andere Einrichtungen der EKHN sollen die Chance bekommen, ihre Begrünung den veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen. Deshalb informiert die Agrarreferentin: „Die Landeskirche stellt 10.000 Euro für Maßnahmen zur Verfügung, die die Biodiversität auf kircheneigenem Gelände fördern. Das Paket beinhaltet Zuschüsse für Sachmittel und eine Fachberatung.“ Sie nennt Beispiele für mögliche Maßnahmen: das Anlegen von trockenresistenten, insektenfreundlichen Stauden oder Bienenweiden. Auch Kirchtürme könnten durch Umbaumaßnahmen zum Lebensraum werden, beispielsweise als Nistplatz für Schleiereulen. 

    Kontakt für Bewerbungen:
    Dr. Maren Heincke
    Albert-Schweitzer-Str. 113–115
    55128 Mainz
    Telefon: 06131 28744-47
    per E-Mail  
    Website

    Tipps für robuste Grünflächen, die biologische Vielfalt fördern:

    • Trockenresistente Bäume stehen lassen, bzw. neu pflanzen: Durch den Kühl- Befeuchtungs- und Schatteneffekt wird dadurch auch der Erholungseffekt für den Menschen gesteigert.
    • Beete sollten gemulcht werden, um die Verdunstung zu verringern und um das Bodenleben zu verbessern,  
    • extensiver, insektenfreundlicher Rasen mit unterschiedlichen, standortgerechten Grassorten und Blumen; Inseln mit hohen Gräsern können bei Mähen belassen werden; auf getrimmten, englischen Rasen sollte eher verzichtet werden,
    • Dächer und Fassaden begrünen,
    • Vogel- und Tiertränken aufstellen, täglich Wasser wechseln,
    • Vermeiden von Steingärten, da sie die Umgebung zusätzlich aufheizen und ungünstig für das Bodenleben und die biologische Vielfalt sind; zudem ermöglichen sie kaum Wasserinfiltration in den Boden,
    • Wasserrecycling: Regenwasser in Zisternen auffangen und nutzen,
    • Auf Versiegelung verzichten: Parkplätze und Wege durchlässig gestalten, zubetonierte Flächen entsiegeln, 
    • Außerhalb des eigenen Grundstücks: Baum- oder Beetpatenschaften übernehmen, dabei die Pflegetipps der Kommunen beachten.

    Robuste Pflanzen, die extremere Wetterlagen besser aushalten:

    • Felsenbirne,
    • Rosen, Wildrosen,
    • Sanddornstrauch,
    • Königskerze,
    • Fetthenne,
    • Salbei, 
    • Glockenblume

    Bei der Auswahl der Pflanzen sollten zudem die Bedingungen des jeweiligen Standortes berücksichtigt werden, beispielsweise die Bodenqualität oder die Lichtverhältnisse.

    Informationen über Anpassung an den Klimawandel und Biodiversität:

    Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen

    Hessen: Fachzentrum für Klimawandel und Anpassung

    Gartenakademie Rheinland-Pfalz

    Hessische Gartenbauakademie

    Naturschutzverband BUND

    Naturschutzverband NABU

    Massiver Schädlingsbefall bei Fichten, Kiefern und Ahornbäumen

    Wie sich Dürre und Extremwetterlagen im letzten Jahr auf die Pflanzen ausgewirkt haben, konnten viele Hobbygärtner und Verantwortliche von Grünflächen selbst erleben: gelb-braune Rasenflächen, vertrocknete Büsche – mit dem Gießen kamen viele kaum hinterher, zumal in einigen Orten im Taunus und Vogelsberg das Trinkwasser knapp wurde. Die Extremwetterlagen haben weitere Folgen, wie Hessen-Forst mitgeteilt hat: „Neben Sturm `Friederike´ im Januar setzten Dürre und Hitze den Bäumen zu. Auch die Massenvermehrung des Borkenkäfers hat bereits in 2018 enorme Schäden am Wald verursacht – weitere Folgeschäden sind in 2019 sowie den Folgejahren zu erwarten.“ Aber nicht nur Nadelbäume wie die Fichten haben mit den Folgen der Witterungsextreme zu kämpfen, auch Ahornbäume sind betroffen. „Anfang Januar wurde in Proben die Rußrindenkrankheit festgestellt“, berichtet Revierleiter Jörg Heßler über den Zustand eines Waldstückes bei Lich. 30.000 Bäume müssen gefällt werden. Der Pilz hat die Ahornbäume tödlich geschädigt und Mitte Februar 2019 starteten die Baumfällarbeiten.

    Schutz für den Menschen: Abstand halten

    Die Forstmitarbeiter, die sich der Baumfällaktion genähert haben, mussten einen Mundschutz tragen. Denn wenn der Mensch die Pilzsporen einatmet, kann das eine Entzündung der Lungenbläschen auslösen. Laut Presseberichten zählen zu den Symptomen Reizhusten, Fieber, Atemnot und Schüttelfrost. Um Spaziergängerinnen und Spaziergänger zu schützen, wurde das betroffene Gebiet in Lich großräumig abgesperrt. Auch in Frankfurt am Main und Offenbach sind Ahornbäume von der Rußrindenkrankheit betroffen.

    Trockenstress macht Bäume angreifbar

    Revierleiter Heßler erklärt: „Vermutlich hat der Pilz die Bäume schon seit einigen Jahren befallen, wahrscheinlich durch die Wetterkapriolen der letzten Jahre begünstigt. Fakt ist, dass der Wald im Jahr 2018 gewaltig gelitten hat. Die Ahornbäume sind vermutlich in einen Trockenstress gefallen, das macht die Bäume angreifbar.“ Durch den Wassermangel habe der Pilz eine Möglichkeit bekommen, die Bäume tödlich zu schädigen. Die Baumfällarbeiten seien nun ein starker Eingriff in das lokale Ökosystem, von dem viele andere Pflanzen und Tiere betroffen seien.

    Lebensqualität und lokales Kleinklima selbst beeinflussen

    Dr. Maren Heincke setzt darauf, robuste und relativ trockenheitsresistente Pflanzen zu wählen, beispielsweise die Feldenbirne. Die evangelische Agrarwissenschaftlerin macht deutlich, wie wichtig gesunde Bäume und andere Pflanzen auch für den Menschen sind: „Nur um einige positive Effekte zu nennen: Sie produzieren den Sauerstoff zum Atmen,  filtern die Luft, regulieren das Klima und wirken nachweislich positiv auf die menschliche Gesundheit.“ Dabei fördert biologische Vielfalt die menschliche Lebensqualität. So sorgten Schatten spendende Bäume in Siedlungen beispielsweise für angenehme Kühle bei Hitze. Deshalb hat sich Maren Heincke für eine passendere Bepflanzung des Geländes rund um das Zentrum in Mainz eingesetzt. „Statt einem Lattenzaun wird das Kirchengrundstück nun durch robuste, einheimische Hecken eingegrenzt, die auch Vögeln, Insekten und Igeln Schutz und Nahrung bieten“, freut sich die Agrarreferentin.

    Ethische Dimension des Biodiversitätsverlustes 

    Der jährliche weltweite Wert der Agrarproduktion, welche direkt von der Blütenbestäubung durch Insekten angewiesen ist, beträgt etwa 150 Milliarden Euro. Mit solchen ökonomischen Argumenten wird versucht, ein höheres Problembewusstsein zu wecken. Neben den ökologischen und ökonomischen Funktionen steht der Erhalt der Biodiversität jedoch ebenso im Zusammenhang mit ethischen, sozialen, kulturellen und ästhetischen Aspekten. Dementsprechend gibt es verschiedene Argumentationsmuster für den Schutz der Biodiversität. 

    Gute Gründe

    Vernunftorientierte Argumente zielen z. B. auf das menschliche ökonomische Eigeninteresse, die genetischen Ressourcen zu erhalten. Gerechtigkeitsargumente zielen z. B. auf die moralische Verpflichtung, kommenden Generationen ein würdiges Leben zu ermöglichen, wozu sie auch Biodiversität zwecks Ernährung benötigen werden. Glücksargumente beziehen ein, dass z. B. viele Menschen positive Naturerfahrungen als Teil eines gelingenden Lebens betrachten. 

    Spiritueller Aspekt - Gottes Geschöpfe würdigen

    Spirituelle Argumente beziehen sich auf Aspekte wie den Eigenwert von Pflanzen und Tieren, Ehrfurcht vor dem Leben, Offenhalten von zukünftigen evolutionären Entwicklungsmöglichkeiten, etc.. 

    Der biblischen Schöpfungserzählungen erklären Gott als strukturierenden Schöpfer von Räumen (Himmel und Erde, Land und Meer), Zeiten (Tag und Nacht, Wochenrhythmus, Sabbattruhe) und aller vielfältigen Lebewesen. Menschen sollen diese „sehr gute“ Schöpfung sowohl nutzen als auch erhalten. 

    Das Aussterben von Arten ist deshalb theologisch nicht nur im Kontext des „Ressourcenverlustes“ für den Menschen zu sehen. Manche Christen empfinden tiefe Trauer über das unumkehrbare Verschwinden von wunderbar ausdifferenzierten Gottesgeschöpfen. Andere Christen fühlen sich durch ihren Schöpfungsglauben motiviert, sich für die leidenden stummen Kreaturen einzusetzen. Papst Franziskus bezieht in seiner Enzyklika „Laudato Si“ von 2015 Stellung. Er schreibt „Da alle Geschöpfe miteinander verbunden sind, muss jedes mit Liebe und Bewunderung gewürdigt werden, und alle sind wir aufeinander angewiesen.“ Sowie „Unseretwegen können bereits Tausende Arten nicht mehr mit ihrer Existenz Gott verherrlichen, noch uns ihre Botschaft vermitteln. Dazu haben wir kein Recht.“ 

    Dr. Maren Heincke

     

     

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