Kirchenpräsident sagt Engagement zu
Hilfe für Flüchtlinge: Bewährungsprobe steht bevor
AhmadSabra/istockphoto.comSyrische Flüchlingskinder in einem Zeltlager im Libanon13.09.2015 vr Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
idea/Klaus RöslerDeutscher Waldensertag 2015 mit (v.l.): Prof. Daniele Garrone (Rom), den Präsidenten der Waldenser in Deutschland, Herbert Temme (Bad Boll) und Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung (Darmstadt)Darmstadt / Bad Homburg, 13. September 2015. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung, hat zu einer stärkeren europäischen Solidarität angesichts der aktuellen Flüchtlingskrise aufgerufen. „Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen vor den Küsten Europas im Mittelmeer ertrinken. Es kann nicht sein, dass Italien und die Kirchen dort in ihrem Bemühen um Hilfe allein gelassen werden. Und wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass Flüchtlinge in Deutschland angegriffen werden, dass ihre Unterkünfte in Brand gesetzt werden“, sagte er am Sonntag (13. September) in Bad Homburg-Dornholzhausen beim Deutschen Waldensertag 2015.
Land hat sich geöffnet
Bei dem Treffen der bis ins 17. Jahrhundert in Italien verfolgten protestantischen Kirche der Waldenser mit dem Thema „Zuflucht in der Fremde - den Glauben bewahren“ würdigte Jung auch das hierzulande große Engagement in der Flüchtlingshilfe. Er erinnerte daran, dass Deutschland in der Geschichte selber für große Not bei vielen Völkern gesorgt habe. In historischer Perspektive sei es „bewegend und beglückend zu sehen, wie sich dieses Land geändert und geöffnet hat“. Das zeige die „enorme Bereitschaft weiter Teile der Bevölkerung, das Leiden der Flüchtlinge mitzufühlen, ihre Flucht anzuerkennen und sie hier willkommen zu heißen“. Jung: „Aus einem einst geächteten Land ist ein geachtetes Land des Schutzes für Flüchtlinge geworden“.
Dauerhafte Integration nötig
Nach Ansicht Jungs stellt die „hohe Anzahl von schutzsuchenden Menschen, die in diesen Tagen nach Deutschland kommen, unsere gesamte Gesellschaft nochmals vor besondere Herausforderungen“. Die Flüchtlinge müssten „gut und winterfest untergebracht und bei uns integriert“ werden. Sie dürften „nicht nur vorübergehend geduldet, sondern müssen dauerhaft als Menschen dieses Landes akzeptiert werden“. Jung: „Die eigentliche Bewährungsprobe steht uns noch bevor.“ Er versprach, dass sich auch die evangelische Kirche verstärkt in der Flüchtlingsarbeit engagieren werde. „Auf allen Ebenen fragen wir mit neuer Dringlichkeit: Wie können wir helfen? Und wo können wir unsere bestehenden Hilfen ausbauen?“, so Jung, der auch Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.
Drei Millionen Euro Kirchenhilfe
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) engagiert sich aktuell in mindestens 60 Gemeinden mit eigens geförderten Projekten in der Flüchtlingshilfe. Die Unterstützung reicht von Sprachkursen bis zu Hilfen bei der Unterbringung. Zudem verantwortet die evangelische Kirche in Hessen und Rheinland-Pfalz über 20 professionelle Stellen in der Beratungsarbeit von Flüchtlingen. Hinzu kommen Unterkünfte in Wiesbaden, Mainz, Jugenheim, Egelsbach, Grävenwiesbach und Friedrichsdorf. Das frühere evangelische Freizeitheim im oberhessischen Ulrichstein nahm ebenfalls Flüchtlinge auf. Zuletzt stoppte die Kirche den geplanten Verkauf des Übernachtungshauses des ehemaligen Religionspädagogischen Tagungszentrums in Kronberg-Schönberg. Es wird nun vom Hochtaunuskreis als Flüchtlingsunterkunft genutzt. EKHN und Diakonie Hessen bringen in diesem Jahr rund drei Millionen Euro an Eigenmitteln für die Flüchtlingshilfe auf. (Online: www.ekhn.de/fluechtlinge)
Hintergrund Waldenser
Die Waldenser, deren Ursprung im 12. Jahrhundert liegt, haben sich vor etwa 500 Jahren der Reformation angeschlossen. Das Hauptverbreitungsgebiet der protestantischen Kirche ist Italien, wo sie bis zum Ende des 17. Jahrhunderts massiv verfolgt wurden. In der Folge flohen sie unter anderem auch nach Deutschland. An der Kanzel der Waldenser-Kirche in Dornholzhausen bei Bad Homburg findet sich deshalb die Aufschrift „Je trouve ici mon asile“ - „Ich finde hier mein Asyl“. Im Juni entschuldigte sich Papst Franziskus öffentlich für die Verfolgung der Waldenser durch die katholische Kirche. Weltweit gibt es heute etwa 100.000 Waldenser. Die Deutsche Waldenservereinigung zählt rund 1.200 Mitglieder.