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    Lasst es summen

    Bienen mögen es mager

    Peter PankninBiologin Dr. Eva Distler (2. v. re.) vermittelte viel Wissenwertes.

    Das miese Wetter hat die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Begehung mit Biologin Dr. Eva Distler in Babenhausen nicht abgeschreckt. Der Rundgang zur naturnahen Gestaltung von Gärten und Kirchengelände hat viele neue Erkenntnisse gebracht.

    Von Margit Binz

    Natternkopf, Silberblatt und Nachtviole: Es klingt abenteuerlich, wenn die Biologin Dr. Eva Distler die Namen der Wildstauden aufzählt. Königskerze, Wirbeldost und Frauenmantel. Trotz Kälteeinbruch und Regenwolken waren am Dienstagabend 25 Leute zur öffentlichen Begehung des Kirchengeländes von Sankt Josef in Babenhausen gekommen, um sich Tipps zu holen für die naturnahe Gestaltung ihrer privaten Gärten oder kirchlichen Gelände. Die Begehung ist Teil der Aktion „Lasst es blühen, lasst es summen“, die das Evangelische Dekanat Vorderer Odenwald und das Katholische Dekanat Dieburg ins Leben gerufen haben, um Kirchengemeinden und andere Interessierte dafür zu gewinnen, Flächen nachhaltig zum Blühen zu bringen.

    Pflanzen und Insekten sind wie Schlüssel und Schloss

    Naturnah: das heißt, heimische, regionale Wildblumen, Hecken und Bäume pflanzen und pflegen, um den heimischen Insekten Nahrung zu bieten. „Die Beziehung zwischen Insekten und Pflanzen funktioniert nach dem Schlüssel-und-Schloss Prinzip“, erklärt Eva Distler. Generalisten wie Honigbienen nähmen fast alles. Die meisten Insektenarten und viele der Wildbienen seien jedoch spezialisiert auf bestimmte heimische Pflanzen, und wenn sie die nicht fänden, überlebten sie nicht.

    Das hat Auswirkungen auf die Bestäubung von Obstbäumen und auf die weitere Nahrungskette – zum Beispiel die Vögel. „Wenn Sie etwas für Insekten, Vögel und andere Tiere tun wollen, dann sorgen Sie für heimische Artenvielfalt auf Ihrem Gelände“, sagt die promovierte Biologin. „Und Artenvielfalt gibt es vor allem auf mageren Böden, auch wenn es paradox klingt, das ist anders als beim Gemüsegarten.“ Und dann zeigt sie auf der großen lückigen Rasenfläche auf, was alles schon wächst, zum Beispiel Reiherschnabel, Wegmalve und Habichtskraut.

    Nutzung muss abgeklärt werden

    Die Kirchengemeinde sucht Anregungen zur weiteren Gestaltung, eine Streuobstwiese und Blühflächen sind im Gespräch. Die Gestaltung müsse immer mit der Nutzung zusammengehen, sagt Eva Distler. Wie wird das Gelände genutzt? Wann wird es betreten? Doch selbst bei einer  regelmäßigen Nutzung für Feste oder als Spielfläche für Kinder zum Beispiel, steht einer naturnahen Gestaltung nach Aussage der Biologin nichts im Weg. Da lassen sich Bereiche schaffen, die betreten werden können und andere, wo eine Wiese wachsen kann, die zweimal im Jahr oder ein Blumenkräuterrasen, der drei- bis fünfmal im Jahr gemäht wird.

    An den Rändern von Gärten, unter Gehölzen oder entlang der Gebäude können Wildstaudensäume entstehen, Schatten- und Sonnensäume, die nicht gemäht werden, auch im Winter stehenbleiben und nicht nur Insekten, sondern mit ihren Samen auch Vögeln Nahrung bieten. Eine bunte Hecke aus Wildrosen und anderen heimischen Sträuchern sei ein weiterer Weg, um Insekten und Vögeln Nahrung zu bieten. Möglichkeiten gebe es viele, so Eva Distler, Aufwand und Ziel seien dabei immer im Verhältnis zu sehen. Wer neu baut oder anlegt, kann gleich ganz anders an die Sache herangehen: keinen Mutterboden, sondern direkt auf den Unterboden pflanzen oder mageres Substrat einbringen. Bei bereits eingewachsenen Gärten und Rasen, lässt sich der Oberboden 20 Zentimeter abfräsen und dann mageres Substrat aufbringen. Aber es komme immer darauf an, was man wolle.

    Samenpäckchen bringen nichts

    Der einfachste Schritt wäre zunächst, die Pflege umzustellen, wenig mähen, nicht mehr düngen, Schnittgut abräumen, nicht mulchen, um die Böden abzumagern. In lückige Rasen können niedrige Wildblumen dazugepflanzt und Blumenzwiebeln gesetzt werden, wilde oder verwilderungsfähige Arten wie Elfenkrokus, Winterling und Schneeglöckchen. Es können auch kleine Inseln ausgestochen, mit magerem Substrat befüllt und bepflanzt werden. Manchmal gehe auch vertikutieren und einsäen mit einer Blumenkräuterrasenmischung aus dem zertifizierten Fachhandel. Was aber nicht gehe – da nimmt die Biologin Illusionen – seien irgendwelche Samenpäckchen, von denen es jetzt viele gibt, auf eine vorhandene Rasenfläche streuen und denken, da wachse jetzt eine Wiese. Um sicher zu gehen, dass es sich wirklich um heimische, regionale Pflanzen handele, sollten Samen, Stauden und die Beratung nicht aus dem Baumarkt, sondern von zertifizierten Fachleuten kommen, auf der Homepage von Naturgarten e.V. finden sich dazu Hinweise.

    Durchgefroren und mit vielen Ideen gingen die Teilnehmer nach zwei Stunden nach Hause, um ihre Gärten mit anderen Augen zu betrachten: Ochsenzunge, Sterndolde, Flockenblume. Das ökumenische Projekt „Lasst es blühen – lasst es summen“ geht weiter.

    Kontakt:

    Margit Binz, 0176-80546432, oekumene-vorderer-odenwald@ekhn-net.de                 
    Andreas Reifenberg, 06071-8815885, dekanatsbuero@kath-dekanat-dieburg.de   

    Die EKHN unterstützt die Förderung der biologischen Vielfalt mit 10.000 Euro

    Kirchengemeinden, Kindertagesstätten und andere Einrichtungen der EKHN sollen die Chance bekommen, ihre Begrünung den veränderten klimatischen Bedingungen anzupassen. Deshalb informiert die Agrarreferentin: „Die Landeskirche stellt 10.000 Euro für Maßnahmen zur Verfügung, die die Biodiversität auf kircheneigenem Gelände fördern. Das Paket beinhaltet Zuschüsse für Sachmittel und eine Fachberatung.“ Sie nennt Beispiele für mögliche Maßnahmen: das Anlegen von trockenresistenten, insektenfreundlichen Stauden oder Bienenweiden. Auch Kirchtürme könnten durch Umbaumaßnahmen zum Lebensraum werden, beispielsweise als Nistplatz für Schleiereulen.
    Kontakt für Bewerbungen: Dr. Maren Heincke, Telefon: 06131 28744-47, E-Mail
    mehr über die Initiative sowie Tipps

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