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    Mauern, Gräber und Skelette

    Archäologischer Sensationsfund in Evangelischer Johanniskirche

    Charlotte Mattes

    In der Evangelischen Johanniskirche in Mainz wurden an mehreren Stellen Mauern entdeckt, die auf einen Kirchenbau aus vermutlich frühkarolingischer Zeit (7. oder 8. Jahrhundert) hinweisen.

    Die Experten sind sich sicher, dass St. Johannis eine der ältesten Kirchen in Deutschland ist. Die Mauern sind teils bis zehn Meter in die Höhe noch erhalten, was nach Angaben von Landeskonservator Dr. Joachim Glatz außergewöhnlich ist. „Die Situation in Mainz ist einmalig“, so Glatz.

    Warum wird überhaupt in St. Johannis gegraben?

    Bei Sanierungsarbeiten in der Evangelischen Kirche St. Johannis ist man vor dem Einbau einer neuen Bodenheizung im Sommer 2013 zufällig auf Reste eines Fußbodens gestoßen, der aus dem 9. Jahrhundert stammt. Schon länger gingen Experten davon aus, dass der Vorgängerbau der Johanniskirche auf die Zeit von Hatto I., Erzbischof von Mainz im 9. Jahrhundert, zurückgeht. Es gilt als äußerst wahrscheinlich, dass die Johanniskirche als Kathedralkirche des Erzbistums Mainz diente - vor der Errichtung des heutigen Doms. So wird die Johanniskirche bereits seit längerem  als „Alter Dom“ bezeichnet. Die aktuellen Funde haben dies sicher bestätigt.

    Was wurde darüber hinaus gefunden wurde?

    An mehreren Stellen bis in die Höhe (bemerkenswert: Keller und Empore) wurden jetzt Mauern entdeckt, die auf die Fundamente und Wände eines weiteren Vorgängerbaus (vor Hatto), aus vermutlich frühkarolingischer Zeit (7. oder 8. Jahrhundert) hinweisen. Die Mauern sind teils bis zehn Meter in die Höhe noch erhalten, der Hatto-Dom ist dagegen gebaut worden.

    Die Experten sind sich sicher, dass St. Johannis eine der ältesten Kirchen in Deutschland ist. Ob es die älteste Kirche ist, so die Leiterin der Mainzer Landesarchäologie Marion Witteyer, wisse man noch nicht. Wie dieser Vor-Hatto-Bau ausgesehen hat, ist unklar. Dass es sich um einen sakralen Bau gehandelt haben muss, gilt als sicher, denn Steinbau war in der Nach-Römer-Zeit ansonsten sehr selten. Die Funde, so Witteyer, gerade an mehreren unterschiedlichen Stellen in der Kirche, sind bemerkenswert. 

    Für die Wissenschaftler bedeutet dies einen unglaublicher Kenntniszugewinn. Für Matthias Untermann (Institut für Europäische Kunstgeschichte Heidelberg) heißt das: „Nördlich der Alpen gibt es kaum einen vergleichbaren Bau.“ Der Mainzer Dekan Andreas Klodt erklärt: „Wir wollten eigentlich nur renovieren und stoßen auf so einen Schatz. Wir sind sehr stolz.“ Und auch Staatssekretär Walter Schumacher zeigt sich überwältigt: „ Es ist ein besonderes Gefühl, dass der älteste Dom heute protestantisch ist.“

    Darüber hinaus wurden im Keller ein Sarkophag ohne Deckel und eine Grabstätte gefunden, mit jeweils einem Skelett darin. Die Gräber stammen aus unterschiedlichen Zeiten, die Grabstelle ist vermutlich älter. Anthropologisch wurden die Skelette noch nicht untersucht. Die Experten gehen davon aus, dass es sich um herausragende weltliche oder klerikale Persönlichkeiten gehandelt haben muss. Ein Bischof ist es vermutlich nicht, weil die zur damaligen Zeit einen anderen Bestattungsplatz hatten. Der Sarkophag ist nicht klassisch römisch, die Form deutet eher auf das Frühmittelalter. Möglicherweise wurde der Sarkophag - damals durchaus üblich -  mehrfach verwendet.

    Wie sah die Johanniskirche damals aus?

    Das Raumempfinden war ein völlig anderes, weil der historische Fußboden knapp drei Meter unter dem heutigen Bodenniveau lag, die Kirche hatte also ein komplett anderes Ausmaß. Es war nach Angaben von Professor Untermann (Institut für Europäische Kunstgeschichte Heidelberg) eine zweipolige Kirche mit einem Altar im Westen und im Osten.  Es gab ein kleines Mittelschiff und ein Querschiff mit Querarmen im Westen. Die Seitenschiffe sind später abgetrennt worden. Die Gesamthöhe ist im Wesentlichen erhalten. Der Bau war im Osten deutlich länger. Die großen Fenster und Rundfenster stammen noch aus der Hatto-Zeit.  Eine Krypta wird vermutet. Außerdem war die Farbgestaltung völlig anders.  

    Wer gräbt?

    Die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche. Für die Bauforschung ist Prof. Dr. Matthias Untermann (Institut für Europäische Kunstgeschichte) mit seinem Team zuständig.

    Wie lange wird noch gegraben?

    Das ist noch unklar. Klar ist aber, dass die Kirche mittelfristig wieder als Kirche genutzt werden soll. Wie man die archäologischen Funde der Öffentlichkeit präsentieren wird, wird derzeit in einem Konzept erarbeitet. Klar ist, dass man auf jeden Fall einen Teil vor Ort der Öffentlichkeit sichtbar machten wird. 

    Die Kirchenbaudirektorin der Evangelischen Kirche Hessen und Nassau (EKHN) Margrit Schulz: „Es liegt ein enorm spannendes halbes Jahr hinter uns. Jetzt sind wir in der Deutung, Wertung und Dokumentation. Es ist eine Freude und unsere Aufgabe, das Gefundene jetzt aufzubereiten und zu präsentieren.“ Es müsse dabei etwa auch geklärt werden, so Schulz, wie das Gebäude im Stadtzusammenhang zu sehen ist und wie der Ort geprägt ist. Ein Antrag, um Stätte des Nationalen Erbes zu werden, wird auf de Weg gebracht. 

    Gottesdienste finden derzeit im Gemeindesaal und in benachbarten Kirchen statt. 

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