Landtagswahl Rheinland-Pfalz
„Am Sonntag für den Zusammenhalt stimmen“
EKHNPropst Dr. Klaus-Volker Schütz ist oft in Rheinhessen unterwegs, um in Dekanaten, Gemeinde- und Pfarrhäusern die Menschen zu treffen, die die kirchliche Arbeit vor Ort tragen13.03.2016 bs Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Erste Hochrechnungen untermauern nun, dass die rechtspopulistische AfD ein zweistelliges Ergebnis geschafft hat und in den rheinland-pfälzischen Landtag einziehen kann. Wie steht der rheinhessische Propst Klaus-Volker Schütz zu diesen Entwicklungen?
Für eine humane Gesellschaft und starke Demokratie hat Schütz vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz plädiert. Er stellte sich den Fragen der Multimedia-Redaktion von ekhn.de.
Die AfD zieht wahrscheinlich mit einem zweistelligen Ergebnis in den Landtag, was löst das bei Ihnen aus?
Propst Schütz: Zunächst ist es ganz wichtig, dass möglichst viele Menschen am Sonntag zur Wahl zu gehen. Gerade in dieser aufgewühlten und schwierigen Zeit brauchen wir die Beteiligung aller und eine starke Demokratie. Dabei wird es darauf ankommen, mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel zu zeigen, dass der Zusammenhalt der Gesellschaft wichtig ist und nicht die Ausgrenzung von Menschen. Genau davor habe ich bei einem Erfolg der AfD Angst: dass Ausgrenzung, Abschottung und die einfachen Antworten wieder salonfähig werden. Damit hat noch niemand Probleme in einer komplexen Situation gelöst. Das gilt gerade auch für die Fragen von Armut und Reichtum, Krieg und Migration.
Zur Kirche gehören auch Menschen mit einem eher traditionellen, konservativen Hintergrund: Letzte Woche hat ein Kirchenmitglied auf facebook geschrieben, er fühle sich in der Kirche ausgegrenzt, weil er die derzeitige Flüchtlingspolitik nicht mitträgt. Wie sollte die Kirche denn mit diesen Menschen umgehen?
Propst Schütz: Die Kirche ist ein Spiegelbild der Gesellschaft und natürlich gibt es auch bei uns Mitglieder, die der AfD nahe stehen. Gott sei Dank sind es aber nur wenige. Zu unserer Grundüberzeugung gehört, dass Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit das Gebot der Stunde sind. Die Bibel stellt Flüchtlinge auf eine Ebene mit Witwen und Waisen, die unserer Hilfe bedürfen. Gleichzeitig spüre ich in solchen Äußerungen immer auch eine große Verunsicherung im Hinblick auf die Zukunft unserer Gesellschaft und unseres Landes. Unsere Kirche nimmt diese Ängste außerordentlich ernst. Im Moment hören wir diese Befürchtungen in der Seelsorge von Menschen, die keine Nachrichten mehr sehen, weil sie das alles nicht ertragen. Und wir bemerken auch das Gegenteil: Eine zunehmende Angst vor rechter Gewalt.
Besonders die christlichen und europäischen Werte will die AfD schützen und verteidigen. So steht es zumindest in der AfD-Präambel in Rheinland-Pfalz. Was sagen Sie dazu?
Propst Schütz: Ich würde gern darüber diskutieren, was genau im Einzelnen damit gemeint ist. Bei der AfD sehe ich derzeit alles andere als christliche Haltungen wie Nächstenliebe und Mitmenschlichkeit im Mittelpunkt. Stattdessen geht es viel um Abwertung und Entwertung und um einen Populismus, der manchmal an Zynismus nicht zu überbieten ist. Das alles ist aus meiner Sicht genau das Gegenteil dessen, was Jesus Christus uns vorgelebt hat.
Inwieweit kann Kirche überhaupt präventiv wirken, damit Menschen nicht für rechtspopulistische Parteien ansprechbar sind?
Propst Schütz: Ich denke, wir sollten den eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen. Das heißt, Flüchtlingen helfen und unseren Standpunkt dazu immer wieder deutlich machen. Auch sollten wir immer wieder Möglichkeiten der Begegnung organisieren, damit man hinter dem abstrakten Begriff „Flüchtling“ das persönliche Schicksal entdecken kann. Sehr froh bin ich, dass sich nach wie vor in unserer Kirche unendlich viele Ehrenamtliche und Hauptamtliche in der Flüchtlingshilfe engagieren und damit ein deutliches Signal setzen: Wir alle packen an und gestalten eine Gesellschaft, die für ein Leben in Humanität steht. Für den kommenden Sonntag gilt: Die evangelische Kirche gibt keine Wahlempfehlung. Aber alle Menschen guten Willens sollten diesmal gut darüber nachdenken, ob sie sich für Spaltung und Ausgrenzung oder Zusammenhalt engagieren.
Das Interview führte Benjamin Schröter